Hier stand bereits im 16. Jahrhundert ein Gasthaus, das erstmalig im Kuchlbuch von 1517 und im Feuerstättenbuch von 1554 erwähnt wird als „Taferne zu Glonn“.
Inhaberin war damals eine „Frau von Pienzenau“, wahrscheinlich Afra von Pienzenau.
Das Wirtsanwesen auf dem frühesten Ortsplan von 1810- es ist mit Abstand der größte Gebäudekomplex in Glonn. Quelle: Bayerische Vermessungsverwaltung – www.geodaten.bayern.de
“Zehentherrliche Renten des Schullehrers von Glonn”, 1813; Bild: Archiv Markt Glonn
Eine weitere Wirtin, von der wir wissen, war Magdalena Zächerlin, die 1648 verstarb. Sie vermachte einen Teil ihres Vermögens, nämlich den ihr zustehenden Zehent aus vier Münsterer Anwesen, der Glonner Schule und sicherte so deren Bestand für die nächsten 150 Jahre.
In dieser Aufstellung von 1813 finden sich noch die Zehent-Einnahmen zugunsten der Glonner Schule aus den Münsterer Höfen.
1793 heiratete Sigmund Wagner (1769-1830), Wirtssohn aus Attaching, in die Wirtsfamilie ein und begründete die erfolgreiche „Wirtsdynastie“ der Wagners für die nächsten 115 Jahre.
Auf Sigmund Wagner folgte sein Sohn Josef Wagner 1805-1851), dessen Sohn Wolfgang Wagner senior (1834-1902) und wiederum dessen Sohn Wolfgang Wagner junior (1865-1912).
Bis 1862 war “die Post” in Glonn das einzige Wirtshaus, ansonsten gab es nur “Branntweinschänken”. Erst 1862 erhielt Sebastian Schlickenrieder die Konzession zur Eröffnung eines weiteren Gasthauses, des “Neuwirts”.
1864 wurde Wolfgang Wagner sen. auf eigenes Betreiben “Königlicher Posthalter” und betrieb die Postexpedition in seinem Anwesen.
Von hier aus verkehrten nun auch die Postkutschen; Pfarrer Niedermair schreibt dazu in seiner Chronik von 1909:
“Als nun die Eisenbahn von Holzkirchen nach Rosenheim am 25.Oktober 1857 in Betrieb gesetzt wurde, suchte man sich in Glonn damit in Verbindung zu setzen. Auf Bitten der Glonner Bürgerschaft, besonders des Posthalters, erhielt Glonn am 1.Juli 1864 den Postverkehr mit einem Postomnibus, der anfangs täglich zwischen Glonn und Westerham, dann über Hohenrain verkehrte. Als aber am 1. Mai 1876 die Bahnlinie München-Grafing-Rosenheim eröffnet wurde, fuhr die Postkutsche nach Grafing, bis sie vom Stahlross abgelöst wurde.”
Die letzte Postkutsche für am 23.Mai 1894 von Glonn ab. Die Herren rechts mit Bowlerhut sind Wolfgang Wagner senior und junior. Archiv Markt Glonn
Dass Glonn 1894 ans Eisenbahnnetz angeschlossen wurde, ist ebenfalls nicht zuletzt dem Posthalter Wolfgang Wagner senior zu verdanken.
Schon Sigmund Wagner war vor 1821 Ortsvorsteher in Glonn und im Gemeindeleben aktiv, genauso wie seine Nachfahren. Wolfgang Wagner senior engagierte sich darüber hinaus auch in der Politik. Es war 12 Jahre lang Mitglied des Bayerischen Landtages (1881-1893), neun Jahre Mitglied des Deutschen Reichstages (1884-1893), und Mitglied im Distriktsrat. In Glonn war er unter anderem Gründungsmitglied der Freiwilligen Feuerwehr, Begründer der Landwirtschaftlichen Genossenschaft, Ehrenmitglied im Schützenverein.
Bevor er 1890 an seinen Sohn Wolfgang junior das Postwirtsanwesen übergab, erbaute er in den Jahren 1887-1889 die Posthalter Villa gegenüber als Altersruhesitz.
Wolfgang Wagner senior und seine Frau Maria vor der 1887 erbauten Posthalter Villa. Bild: Archiv Markt Glonn
Wolfgang Wagner senior starb 1902, sein Sohn Wolfgang Wagner verkaufte 1908 aus unbekannten Gründen die Gastwirtschaft und die dazugehörige Landwirtschaft an den Baron von Büsing in Zinneberg.
Wolfgang Wagner starb mit nur 46 Jahren im Jahr 1912, seine Frau verkaufte 1918 auch die Villa an Baron von Büsing und zog mit ihren Kindern, von denen 2 Söhne im 1.Weltkrieg gefallen waren, nach München. Damit endete die Zeit der Wagners als Postwirte in Glonn
Diese Zusammenfassung beruht auf der Veröffentlichung von Hans Obermair
„Glonn und seine Wirte“ – Die Entstehungsgeschichte der Glonner Wirtshäuser vor 1900;
in: Jahrbuch des Historischen Vereins für den Landkreis Ebersberg e.V., Band 3, S.48-73; 2000;
Nach 1918
Der neue Besitzer, Baron von Büsing, verpachtete die Wirtschaft ab 1908 an die Familie Gruber, die sie über 40 Jahre betrieb, auch als der Baron zwischen 1923 und 1927 alle seine Besitztümer in und um Glonn verkaufte. Den Gasthof zur Post erwarb 1927 die Paulaner Brauerei.
Gastgarten unter Bäumen und die Kegelbahn gegenüber des Gasthauses zur Post um 1900 Bild: Archiv Markt Glonn
Zur Wirtschaft gehörten auch ein Gastgarten und eine Kegelbahn, die gegen über der Wirtschaft lagen.
Links der Gastgarten unter großen Kastanien, rechts der (heutigen Münchener) Straße die Gastwirtschaft; um 1930. Bild: Archiv Markt Glonn
1969 wurde der ganze Komplex, der inzwischen sichtbar in die Jahre gekommen war, abgerissen und fast genauso wieder aufgebaut.
Der Gasthof zur Post 1969 kurz vor dem Abriss. Bild: Archiv Markt Glonn
Der Gasthof zur Post nach dem Neubau, ca. 1975. Bild: Archiv Markt Glonn
Der Gastgarten, der bisher auf der anderen Straßenseite gelegen war, kam nun neben die Wirtschaft. Auch die Kegelbahn, die neben dem Gastgarten lag, wurde aufgegeben und abgerissen.
Ende der 1990er Jahre schloß das Gasthaus zur Post nach mehr als 350 jahren durchgehender Gastlichkeit endgültig seine Türen.
Im Jahr 2002 wurde der alte gasthof zu Läden und Wohnungen umgebaut.
Seither gab und gibt es folgende Geschäfte in den Räumen im Erdgeschoss:
Artesania; Handfairlesenes; “Mittendrin”-Trachten; Dengel-Schokolade; Friseur Fred Oberloher;
Heute sind hier Läden, Büros und Wohnungen – der ehemalige Gasthof zur Post im Jahr 2002 nach dem Umbau; Bild: Archiv Markt Glonn/Jürgen Rossmann
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