Dieser Text von Hans Obermair erschien am 30.9.2021 in der Ebersberger Zeitung
Zeitweise auch Geburtenstation: Vor 90 Jahren bekam Glonn einen neuen Verwaltungsbau
Ab 1808 setzte die Bildung der heutigen politischen Gemeinden ein. Der gewählte Gemeindevorsteher (Bürgermeister), dessen rechte Hand bis 1904 der Lehrer als Gemeindesekretär war, waren die Träger der Verwaltung. Sitz der Verwaltung war die Wohnung des Bürgermeisters. Es ist anzunehmen, dass die Kanzlei der Gemeinde Glonn im 1838 erbauten Schulhaus, wo auch die Lehrerfamilie wohnte, untergebracht war. Die Verwaltungsaufgaben nahmen zu – Glonn wurde größer. 1899 kaufte die Gemeinde dann ein Grundstück zum Bau eines Wohnhauses mit „Feuerwehrrequisitenraum”. Es wurde 1900 vollendet.
Die Notwendigkeit für ein neues Rathaus wurde bereits 1920 gesehen, als Bürgermeister Meßner das so genannte „Surauerhaus“ mit der Fläche des Marktplatzes für die Gemeinde von Baron Büsing kaufte. Büsing war seit 1908 Eigentümer des gesamten Wirtsareals. Die Surauers betrieben dort als Mieter einen Laden und wohl auch eine „Lebzelterei”, also eine Lebkuchenbäckerei.
Das jetzt 90-jährige Rathaus wurde unter Bürgermeister Ludwig Mayer, dem „Neuwirt”, gebaut. Wie Anton Decker, der damalige Gemeindesekretär schreibt, waren die Gründe für das Bauvorhaben, die große Arbeitslosigkeit, die herrschende Wohnungsnot, und die unzureichend untergebrachte Verwaltung. Damals gab es in Glonn 60 bis 70 Arbeitslose bei 1700 Einwohnern. Ein weiterer Grund: „Die in ungenügenden Räumen befindliche Apotheke.”
Der Rathausbau war bei der Bevölkerung nicht unumstritten. Der ursprüngliche Bauplan, wurde nicht gebilligt. Wie es in einer Zeitung von damals heißt, habe dann Regierungsrat von Miller (Sohn von Oskar v. Miller) eine neue Planung entwickelt. Architekt Fleißner aus München hat diesen Vorschlag umgesetzt, die Arbeiten übernahmen Glonner Firmen.
Baubeginn war März 1931. Die Einweihungsfeier am 27. September 1931. Eine Bauzeit also, die sich auch unter heutigen Maßstäben sehen lassen kann. Höchstwahrscheinlich war bei Baubeginn die Baugrube für den Keller schon während des Winters ausgehoben worden. Dies war so üblich, weil die Gespanne der Landwirte im Winter eher zur Verfügung standen.
Für den Rathausbau wurden 90 000 Mark veranschlagt. 50 000 standen als Eigenkapital zur Verfügung, 20 000 gab es an öffentlicher Wohnbauförderung und 20 000 kamen aus Darlehen. Die Gesamtbaukosten beliefen sich letztlich auf 84 896,83 Mark – dass ein Bau unter den projektieren Kosten bleibt: heute ein Kuriosum.
Bei der Einweihungsfeier am 26. September, war es selbstverständlich, dass die Feier mit einem Festgottesdienst begann. Dann der kirchliche Weiheakt im neu erbauten Rathaus. Die Ansprachen von Pfarrer Schrall und Bürgermeister Mayer standen im Mittelpunkt der Feierlichkeiten. Aber auch Kinder kamen mit Gedichten zu Wort. Der kleine „Reiserfranzl”, der in diesem Haus dann drei Jahrzehnte als Marktgemeinderat wirkte, sage etwa ein Gedicht auf. Der „Tag des Herrn”, vom Männerchor intoniert, beschloss dann den offiziellen Teil der Feier. Beim gemeinsamen Essen im „Neuwirt” war die „Tafelkapelle” unter der Leitung des Bürgermeisters zu hören.
Die Amtsräume mit Sitzungssaal waren im Erdgeschoss untergebracht. Im Ober- und Dachgeschoss waren die Wohnungen. Im südlichen Teil des Baues befand sich bis 1973 die „Hubertusapotheke”.
Das Rathaus beherbergte aber nicht nur die Amtsräume, Wohnungen und die Apotheke, sondern im Dachgeschoss von 1945 bis 1964 auch eine Entbindungsstation. Viele Glonner kamen dort zur Welt. Während das Rathaus sein Äußeres seit der Bauzeit weitgehend wahren konnte, hat sich innen viel verändert. Die Gebietsreform ab Mitte der 1970er-Jahre macht Glonn ab dem 1. Mai 1978 zum Sitz der Verwaltungsgemeinschaft. Anstatt der bisher fünf Mitarbeiter mussten jetzt 17 aus der gesamten Verwaltungsgemeinschaft untergebracht werden. Noch unter Bürgermeister Michael Singer wurde der Umbau begonnen. Nach einem Aufwand von rund 1,3 Millionen Mark erhielt das Haus seine jetzige innere Gestaltung. Die Einweihung fand unter dem neuen Bürgermeister Martin Sigl am 30. September 1978 statt – fast auf den Tag genau 47 Jahre nach dem Neubau von 1931.
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