Rathaus

Am 27.9.1931 wurde das Rathaus der Marktgemeinde Glonn vom damaligen Bürgermeister Ludwig Mayer feierlich eingeweiht.

27.9.1931 Foto: Sammlung Kulturverein/Archiv

Der Oberbayer schrieb dazu begeistert: „Ein Ehren- und Freudentag, an dem selbst der Himmel teilzunehmen schien, war der gestrige Sonntag für die Gemeinde Glonn. Glitzernde Sonnenstrahlen sandten nach wochenlanger, trostlosester Witterung ihre ersten Morgengrüße hernieder, als freuten sie sich mit uns an dem Werke, dessen Weihe und Eröffnung heute stattfinden sollte.“

Nach dem festlichen Gottesdienst und der Weihe versammelte sich die Bevölkerung vor dem Rathaus und lauschte dem Bürgermeister, dem Sängerchor der Turnerriege und den Festrednern, darunter auch Professor Lebsche. Danach erfolgte die Besichtigung der Räume, die laut Oberbayer  „einen allgemein überraschend guten Eindruck boten und von größter Peinlichkeit bei allen Arbeiten zeugten“. Besonders erwähnt wurden die „vornehmen Beleuchtungskörper im Sitzungssaal und Bürgermeisterzimmer, welcher letzterer ein Geschenk des Klosters vom Guten Hirten ist“, sowie die „zweckmäßige“ Raumaufteilung.

Schon seit dem 17. Jahrhundert stand an der Stelle des heutigen Rathauses ein Hof, wahrscheinlich als Zehenthof für die Abgaben an die Grundherrschaft genutzt. Im Jahre 1671 gelangte der Zehenthof oder auch Zehetmairhof (nach den Besitzern) durch Heirat in den Besitz von Adam Hölzl der bereits seit 1657 als Wirt von Glonn bezeichnet wird. Im Anwesen waren wahrscheinlich Bedienstete des Wirts untergebracht, ebenso waren dort wohl Lagerräume und Stallungen. Im Jahr 1793 gelangen der „Wirt“ und der dazugehörende Zehenthof wiederum durch Einheirat in den Besitz des Sigmund Wagner und bleiben von da an bis 1908 im Besitz der Familie Wagner.

Auf einer Postkarte, die um die Jahrhundertwende aufgenommen sein dürfte, sieht man im Hintergrund das schon damals so genannten Surauerhaus, links den Gastgarten der „Post“ mit den stattlichen Kastanien, rechts die „Post“.

Blick von Westen auf das Surauerhaus am Marktplatz, rechts Gasthof Post, links Post-Gastgarten, um 1900 Foto: Sammlung Kulturverein

Im Jahr 1868 erhielt Alois Surauer aus Wasserburg in Glonn eine Conzession als Lebzelter, Kerzenzieher und Hutmacher und eröffnet als Mieter des Posthalters und Wirtes Wagner im Zehenthof ein Ladengeschäft. Außerdem ist Alois Surauer noch Postbote in Glonn. Als er 1891 stirbt, übernimmt seine Tochter Katharina das Geschäft als Lebzelterei und Huthandel. Die Witwe des Alois Surauer stirbt 1921, ihre Tochter Katharina im Jahr 1928 als ledige „Conditoreiinhaberin von Glonn“.

Das Geschäft der Familie Surauer ist in Glonn so präsent, dass das Haus seitdem den Namen Surauerhaus trägt.

Surauerhaus etwa 1928 © F.Hintermaier

Die Tochter des damaligen Stationskommandanten Michael Leib, Clara Leib *1877, erinnert sich anlässlich der 1200 Jahr Feier im Jahr 1974 an ihre Kindheit in Glonn:“…Auf der anderen Seite des Marktplatzes stand an der Friedhofsmauer angelehnt das Surauerhaus, dessen Auslagfenster für uns Kinder sehr wichtig waren, denn da gab es wohlschmeckende Lebkuchen, auch Gesundheitskuchen für Kindbetterinnen, Minzenkugeln, daneben glänzten in prächtigen Farben Kommunionskerzen und Wachsstöckl…“

1908 verkauft Wagner die Anwesen 20 (Wirt) und 23 (Surauerhaus) an Baron Büsing und zieht mit der Familie in die 1887 erbaute Posthalter Villa gegenüber. Büsing verkauft ab 1920 Teile seines Besitzes und über die Bayerische Siedlungsgesellschaft gelangt das Surauerhaus 1920 in den Besitz der Marktgemeinde Glonn, die es weiterhin an J.Steininger für 800 Mark verpachtet. Bereits 1921 gibt es Planungen, in das Surauerhaus Wohnungen zu einzubauen, Baumeister Landthaler zeichnet die Pläne,

9-122-1 Plan Surauerhaus Wohnungen 1921 kw

die auch genehmigt wurden, aber, wahrscheinlich als Folge von Inflation und Geldentwertung, nicht zur Ausführung kamen. In den folgenden Jahren verfällt das Haus zunehmend, die Stallungen werden als Lagerräume und als Garage für die ersten Autos, aber auch den Leichenwagen genutzt, aber es wohnen dort auch noch der Kaminkehrermeister, der Gemeindediener und die Katharina Surauer, die dort ein Wohnrecht auf Lebenszeit hat. Kurzzeitig gab es auch Verhandlungen mit der Oberpostdirektion, auf dem Gelände ein neues Postgebäude zu erbauen.

In den folgenden Jahren nehmen die Pläne der Gemeinde, ein Rathaus zu erbauen, immer mehr Gestalt an. Noch finden die Sitzungen des Gemeinderates in zwei Räumen mit ca.13qm im 1.Stock des Feuerwehrgerätehaus statt, innerhalb der Sekretärswohnung dort. Auch alle Akten, Protokollbücher und Personenstandsbücher wurden dort verwahrt. Bürgermeister Mayer schreibt im Januar 1931 im Gesuch um die Genehmigung zur Darlehensaufnahme an das Bezirksamt: „… Bei Parteiverkehr treten des öfteren unliebsame Störungen auf, denen nicht abgeholfen werden kann, solange die Büroräume nicht von der Wohnung getrennt werden. Bei Gemeinderatssitzungen können Zuhörer überhaupt nicht zugelassen werden, da nicht einmal für die Gemeinderäte genügend Platz vorhanden ist…“ Nun fand man, dass es an der Zeit war, für die Verwaltung der Gemeinde endlich eigene Räume zu schaffen. Ein Sitzungssaal, ein eigener Raum für den Bürgermeister, sowie ein Kanzleiraum für die Verwaltungsarbeit und eine Registratur für die Akten wurden geplant, dazu ein Warteraum für die Bürger und Toiletten.

Auch wollte man mit einem Neubau Wohnraum schaffen, um der herrschenden Wohnungsnot ein bisschen abzuhelfen. Vier Wohnungen sollten entstehen, dazu Platz für eine Apotheke, deren bisherige Räume auch nicht mehr den Vorschriften entsprachen. Zwei der Wohnungen waren für den Sekretär und den Apotheker gedacht.

Die Gemeinde rief dazu auf, Vorschläge für den Neubau eines Rathauses einzureichen; der von Baumeister Josef Braun eingereichte Vorschlag „Im schönen Glonntal“ wurde von der Gemeinde favorisiert.

Der Verein für Volkskunst und Volkskunde „hieß diesen Plan nicht gut“ wie Bürgermeister Mayer in seiner Ansprache sagt, und so musste die Planung noch einige Male überarbeitet werden.

Dies besorgen dann der Architekt Fleissner und das Baubüro Sommersberger. Hilfe bekommt die Gemeinde auch von Regierungsrat von Miller, einem Sohn des Erbauers des Deutschen Museums Oskar von Miller, der der Gemeinde auch zu einem günstigen Darlehen verhilft. Die Bauleitung wird dem Architekten Franz Sommersberger aus München übertragen.

Es folgen einige Bauplanänderungen mit Varianten, zum Beispiel die Ost-West Ausrichtung des ganzen Baus oder die Ausstattung mit Kuppeln und Erkern.

Am 12.1.1931 wird der Bauplan endlich behördlicherseits genehmigt, mit größeren Kanzleiräumen als vorgesehen.

Am 26.3.1931 wird auf Beschluss des Gemeinderates ein Bauausschuss zur „Erbauung eines Rathauses am Marktplatz in Glonn“ gegründet, dem folgende Mitglieder angehören:

1.Bürgermeister Mayer, Isidor Raig, Peter Wimmer, Josef Wagner und Georg Mittermüller. Der Ausschuss führt ein Protokollbuch, das die Planung und den Bau detailliert nachzeichnet, so auch die vielen Änderungswünsche, bzw. Änderungsanordnungen der verschiedenen Behörden und Amtsträger.

Die Ausschreibung der Handwerkerleistungen beginnt sofort und endet bereits Anfang Februar, einen Monat später ist der Bau bereits begonnen und . die Fertigstellung bereits auf Ende September terminiert, damit die Apotheke zum 1.10. einziehen kann. Auch die Eröffnung wird bereits auf den 27.9.1931 festgelegt! In nur 6 Monaten Bauzeit entstehen am Marktplatz nun 361 qm für Wohnungen, 52 qm für die Apotheke und 147 qm für das Rathaus.

Die geplante Bausumme von 84000 Mark wird kaum überschritten, die Gemeinde hat 45000 Mark an eigenen Mitteln und nimmt 40000 Mark Darlehen auf, unter anderem 10000 Mark vom Apotheker Zehelein, der mit seiner Apotheke ins Rathaus ziehen wird. Im Jahr 1960 ist zumindest das Darlehen an den Apotheker abbezahlt.

Die Apotheke nimmt einen großen Teil des Gebäudes ein und erstreckt sich von Keller bis Speicher als ein eigenes Haus im Gebäude mit Lager, Laboratorien, Verkaufsraum und Wohnung.

Postkarte um 1940, Archiv Markt Glonn

Postkarte um 1940

Die ersten Mieter im Rathaus zahlen pro Jahr etwa zwischen 50 und 60 Mark Miete monatlich, der Apotheker für Wohnung und Laden 120,-

Neben der Apotheke befindet sich ab 1945 bis 1964 viele Jahre die örtliche Hebamme im Rathaus, zeitweise auch eine Arztpraxis bzw. eine Zahnarztpraxis, alle praktizieren innerhalb ihrer privaten Wohnung.

Das Rathaus wird für den Umbau völlig entkernt Foto: Archiv Markt Glonn

Nach dem Umbau für die VG, 1978                Foto: Archiv Markt Glonn       

Bis 1977 verändern sich die Räume des Rathausneubaus kaum, Mieter wechseln und Wohnungen werden umgestaltet, aber erst mit der Entstehung der Verwaltungsgemeinschaft Glonn muss das Rathaus umgebaut werden, um mehr Platz zu schaffen und dient seitdem nur noch der Verwaltung.

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