Dieser Text von ©Hans Obermair erschien am 14.7.2020 in der Ebersberger Zeitung
Der Ebersberger Forst trennt die Menschen im Landkreis. Heißt es. Hier die Drinnahoiza, dort die Draußahoiza, oder umgekehrt. Was hat es damit auf sich? Wie tief geht die Trennung? Hans Obermair, Glonner Heimatforscher, klärt auf.
Landkreis – „Drinahoiza- Draussahoize“, ein Wortpaar, das heute, Gott sei Dank, nur noch selten in Gebrauch ist. Aber vor 100 Jahren gehörte es, zumindest bei den Älteren, zum Sprachschatz. Es wurde immer dann gebraucht, wenn es um Trennendes zwischen Nord und Süd im heutigen Landkreis ging.
Bei diesen Begriffen handelt es sich zunächst um räumliche. Der „Park“ (Ebersberger Forst) war das Hindernis, das es zu überwinden galt, wenn man zueinander wollte oder musste. Aber das Holz endete nicht an der Grenze des „Parks“, sondern auch außerhalb setzte sich der Wald bis zur Landkreisgrenze fort. Ein gefährlicher Weg also, und teils ohne Wirtshaus. Dies galt natürlich insbesondere für den Ebersberger-Grafinger Bereich.
Die Grenze Drinnahoiz- Draußahoiz hatte vermutlich auch etwas zu tun mit den Pflegämtern. Das Landgericht Schwaben umfasste drei Pflegamtsbezirke: Purfing für den Norden und Wiesham, sowie Northofen (Orthofen) für den Süden.
Zorneding gehörte noch zum Süden, also zu Northofen, während Pöring und Ingelsberg nach Purfing zugeordnet waren. Die Grenze Nord-Süd könnte also außerhalb des Parks etwa die heutige Bahnlinie gewesen sein. Wann, wie und warum diese Pfleggerichtsgrenzen entstanden sind, wurde nicht erforscht.
Warum also diese, auch mentale, Grenze? Mag sein, dass die Landgerichtsverlegung von Falkenberg nach Schwaben (Markt Schwaben) Ende des 13. Jahrhundert mit Ursache war. Im Süden, wo dieser Begriff „Draußahoiz“ wahrscheinlich entstanden sein dürfte, könnte diese Landgerichtverlegung, ein Grund gewesen sein. Dort war dann auch der Obereigentümer für mehrere Anwesen, dorthin musste man letztlich Abgaben und die Steuern zahlen, von dort aus wurde in Kriegszeiten einberufen, dort musste man für alles Mögliche Genehmigungen einholen, zum Beispiel bei der Säkularisation, und in Schwaben wurde in vielen Fällen nicht nur Recht (Hochgerichtsbarkeit) gesprochen, sondern auch die Todesstrafe vollzogen. Natürlich für Nord und Süd.
Nach Schwaben war man auch zum, „Scharwerk“ verpflichtet. Wie es 1603 heißt, auch zum „Hochgericht”. Fünf aus dem Glonner Gäu wurden zum Dienst gerufen: Man kann davon ausgehen, dass in Schwaben Hochgerichtstag war und dass die Glonner „Scharwercher“ unter anderem dabei für Sicherheit zu sorgen hatten. Möglicherweise war in Schwaben einer von dort „hinzurichten“.
Den Schwabener „Scharwerchem” traute man vermutlich aber nicht. Sie könnten sich ja auf die Seite des Opfers geschlagen haben.
Aber auch die Kultur hat sich im Süden und Norden unterschiedlich entwickelt. Denken wir an die Dachformen, die „draußen” steil waren, weil es mehr Getreidebau und damit mehr Stroh für die Dachdeckung gab. Im Süden war das flache Legschindeldach die Regel: hier gab es eben mehr Holz.
Möglicherweise wurde dieser Unterschied auch von der Niederschlagsmenge, die im Süden reichlicher ist, bedingt.
Aber auch behördliche Vorgaben könnten eine Rolle gespielt haben. Dann auch die Sprache: Zum Hausnamen „Zehetmair“ (von Zehent) sagt man im Süden z.B. in Zorneding und Berganger „Zechatmoar“ und im Norden (Gelting, Anzing, Neuching) beim „Zehmer“. Beim „Selmer“ und „Sellmoar“ ist es ähnlich. Und so gäbe es noch einige Beispiele.
Ein früher im Süden gebräuchlicher Spruch: „Draussahoizaboschn griagst drei um an Grosch’n“ setzt heute nicht mehr die vom Norden herab.
Die Zeit mit ihren neuen Verkehrs- und Kommunikationsmöglichkeiten hat uns näher gebracht. Entfernungsprobleme gibt es nicht mehr. Das „Holz“ ist nichts trennendes mehr. Damit wurden auch neue Organisationen, denken wir an die letzte Gebietsreform, möglich. Tun wir alles dafür, dass die mühsam errungene Landkreiseinheit erhalten bleibt. Das größere Wachstum des Nordens, könnte dieses Gleichgewicht nicht nur stören, sondern auch zerstören.