Hans Obermair
1707 – 2007
Frauenreuth und seine Kirche
Titelbild: Gemälde von Wolfgang Lammerding
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Eine erste urkundliche Erwähnung von Frauenreuth ist für das Jahr 1130 zu verzeichnen. Damals ist ein Wolftrigil aus „Roto“, Florschütz hält dies mit Frauenreuth identisch, Zeuge einer Berchtesgadener Schenkungsurkunde. Frauenreuth ist aber sicherlich wesentlich älter. Ein anderer Reuthort, Niklasreuth bei Aßling, ist bereits 778 erstmals erwähnt. Aber auch ein Tuffplattengrab, das in Frauenreuth gefunden wurde, sagt uns, dass die Siedlung mindestens 300 Jahre vor seiner ersten urkundlichen Erwähnung schon bestand. Man nimmt an, dass Reuth mit Roden zu tun hat; also mit der Urbarmachung von Wäldern oder einer Wildnis. Der Zusatz „Frauen“ ist aus späterer Zeit. Er dient der Unterscheidung zu anderen Reuthorten. Im Volksmund hat sich aber das „Reit“ bis in unsere Zeit erhalten.
Dass eine Siedlung durch Rodung entsteht, ist gut vorstellbar. In Südamerika ist dies heute noch Praxis. Wer aber hat diese Rodung veranlasst? Die alten Hausnamen und die Grundherrschaften, die in der Regel bis zur Säkularisation von 1803 das Eigentum innehatten, könnten hierfür ein Schlüssel sein. So standen der „Niedermair“ (Rauth), der „Hintermair“ (Weber) und der „Huber“ (Obermüller) jahrhunderte lang im Obereigentum des Klosters Dietramszell. Der „Obermair“ (Wimmer) und der um 1600 aus dem Obermairhof heraus geteilte „Simer“ (Schwaiger) standen im Obereigentum von Altenburg, bzw. der Kirche von Moosach. Der „Neumair“ (Auer) war Obereigentum der von Pienzenauer auf Zinnerberg. Der „Schaffler“ (Raehmel-Haberecht) gehörte der Glonner Kirche und der „Mesmer“ (Loher), früher auch Mesmair genannt, und „Rumpl“ (Gartner) der Frauenreuther Kirche.
In Frauenreuth gibt es also, einschließlich dem „Simer“, sieben Anwesen, deren Hausnamen auf eine Teilung hinweisen: Ober-, Nieder-, Hinter-, Neu- und Mesmair, sowie den Huber. Die zwei weiteren, Rumpl und Schaffler im Eigentum der Ortskirchen, könnten Schenkungen zum Unterhalt der Kirche sein und so ebenfalls aus einer Teilung resultieren. Diese Tatsachen sprächen dafür, dass die Besiedlung von Frauenreuth von einer einzigen Hofstelle, vielleicht einem Maierhof, ausging. Dabei sind weitere Rodungen nicht auszuschließen.
Frauenreuth vor fast 300 Jahren
Wie schon beschrieben, waren drei Anwesen im Obereigentum von Dietramszell und zwei gehörten zu Altenburg-Moosach. Das Kloster Dietramszell wurde um 1098 auf ursprünglich zum Kloster Tegernsee gehörenden Grund und Boden gegründet. Im Urbar des Klosters Tegernsee von 1289 lesen wir, dass es ein „officio Altenburch“ gab. Von Altenburg aus wurden also viele Besitztümer des Klosters Tegernsee in unserer Gegend verwaltet. In diesem Urbar ist zwar Reuth (Frauenreuth) nicht mehr genannt. Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass der Frauenreuther Obermairhof bereits vor 1517 von Tegernsee an Moosach-Altenburg übergegangen war. So könnte es auch mit dem Neumairhof gewesen sein, der 1517 schon pienzenauerisch war. Die Pienzenauer stammen aus der Miesbacher Gegend. Dass Tegernsee in der Nähe von Frauenreuth noch im Jahre 1801 ein Grundstück hatte, die so genannte „Brunningerwiese“ , sie wurde vom Reiserthaler „zubauweise“ bewirtschaftet, ist nachgewiesen. Ein Dokument der Tegernseer, eine Steintafel mit einem Seerosenmotiv, können wir heute noch am Eingang der Kreuzer Kirche bewundern. Die Seerose ist heute noch im Wappen von Tegernsee. Noch 1760 lassen sich im Landgericht Schwaben 103 Anwesen des Klosters Tegernsee nachweisen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Frauenreuth ehemals auf dem Boden des Kloster Tegernsee, das um 760 entstand, befand, ist nicht zu bezweifeln. Vielleicht ist dieses Kloster sogar der Initiator der ersten, oder weiterer Rodungen. Weitere Hinweise: In Kreuz, Münster und Haslach haben wir ebenfalls eine Hofnamenkonstellation, die auf eine ähnliche Situation hinweist.
So wie das Obereigentum der Frauenreuther Anwesen in verschiedenen Händen lag, so verschieden war auch die Zugehörigkeit zur niederen Gerichtsbarkeit. Das Kloster Dietramszell hatte zum Beispiel sein Hofmarksrecht an Jakobneuharting vergeben. [/responsivevoice]
Alte Wallfahrt und Kirche vor 1707
Von der Kirche in Frauenreuth ist erstmals in einem Freisinger Bestandsverzeichnis von 1315 als „Raeut“, einer Filialkirche der Pfarrei Glonn, mit einer Begräbnisstelle, die Rede. Eine nächste Erwähnung finden wir 1416 mit „Unser Fraun Reut“ in Schwabener Gerichtsunterlagen. So auch ein Jahr später. Der Vorspann „Unser Frauen“ ist zweifelsohne ein Indiz dafür, dass 1416 Frauenreuth bereits ein Wallfahrtsort war. 1454 lesen wir dann schon von „Frauenreit“. In den „Kunstdenkmälern Oberbayern“ wird die Frauenreuther Muttergottes als „von hervorragender Schönheit“ bezeichnet, ein für die damalige Zeit eine sicher nicht billige Anschaffung. Der Künstler ist zwar nicht namentlich bekannt, muss aber zur oberen Klasse seiner Zunft gezählt haben. Auch dies ist ein Indiz dafür, dass es schon im 15. Jahrhundert eine blühende Wallfahrt gegeben haben muss. Aber auch die Stiftung eines Frühmeßbeneficiums durch den Dekan und Glonner Pfarrer Mathias Renzelhauser, er war von 1486 – 1513 in Glonn, zeugt von der Wichtigkeit des Ortes. Bei diesem Frühmeßbeneficium dürfte es sich um das Schaffleranwesen gehandelt haben. Da verwundert es nicht, dass schon 1538 namentlich ein Kooperator für Frauenreuth feststeht: Christoph Herrnpucher. Ab 1630 ist sind dann die Kooperatoren bis in unsere Zeit lückenlos nachgewiesen. 1611 wird berichtet, dass vor 1600 der Kooperator in Frauenreuth gewohnt hat, höchstwahrscheinlich im Schaffleranwesen.
In den Unterlagen des 16. Jahrhunderts ist eigentlich nur mehr von Frauenreuth die Rede, oder „Reith bei unser Frauen“. 1611 ist Hans Mayr, Weber von Mattenhofen als Kirchenprobst erwähnt, ein Beleg dafür, dass Mattenhofen zum Kirchensprengel Frauenreuth gehört. Aber auch der in Frauenreuth aufbewahrte Kelch mit den Wappen der Herren von Mattenhofen ist dafür ein Zeugnis. Dieser Kirchensprengel, zu dem auch Überloh und Hafelsberg gehören, wurde lediglich 1885 verändert, als der Reisenthaler von Egmating nach Glonn und damit nach Frauenreuth umgepfarrt wurde.
Finanzen
Im Vergleich zu den anderen Filialkirchen der Glonner Pfarrei war Frauenreuth die reichste. Schon vor 1554 ist das Frauenreuther Rumplgut (Gartner) zur Kirche grundbar. Zunächst war es ein Lehen, also ein Viertelhof und ab spätestens 1656 ist es nur mehr eine Sölde, also ein Achtelhof. 1834 waren es immerhin gut 27 Tagwerk Grund die zu diesem zweigeschossigen Anwesen gehörten. Das Nutzungseigentum in Form des Leibrechtes, das heißt jeweils auf Lebenszeit des Nutzers, war bis etwa 1846 in der gleichen Familie. Dann kam es zum Eigentumswechsel. Die Bewohner des Anwesens, zuletzt schrieb man sich Schmid, waren ausgestorben. Warum die Kirche das Anwesen verkaufte und es nicht wieder an eine neue Familie vergeben hat, kann nicht nachgewiesen werden. Der neue Eigentümer ist der ledige Ignaz Hochreiter. Mittlerweile ist das Obereigentum abgeschafft (Bauernbefreiung) und den Erben des 1846 verstorbenen Hochreiter wird das Anwesen versteigert. Meistbietender ist der Frauenreuther „Schankwirt“ Josef Obermair, der die Grundstücke seinem Hof einverleibt, sicher zum Missfallen der Frauenreuther. Die Kirchenverwaltung erhebt Einspruch, weil man befürchtet, dass das Anwesen ohne Nutzgrund abgerissen werde. Der Einspruch wird von der Regierung abgelehnt. Obermair aber gibt nach, läßt das Wohnhaus stehen und verkauft es 1860 an Sebastian Mayer aus Ebersberg.
Das zweite Frauenreuther Anwesen, das der Kirche gehört, ist das Mesnergut, ein Viertelhof. Dieses Obereigentum besteht schon seit vor 1517. Bis 1848 ist es Kirchengut und dann übernimmt es die Familie Schwarzenberger. Georg Schwarzenberger, Hintermairssohn hat 1690 eingeheiratet. 1827 gehören zum Anwesen 36 Tagwerk Grund. Trotz der Freistift -man hätte vor 1848 jederzeit „abstiften“ (kündigen) können- war die gleiche Familie über 500 Jahre auf dem Anwesen.
Aber auch ein Anwesen in Adling, beim „Dichtl“, ist schon vor 1517 und bis 1848 Frauenreuther Kirchengut. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um den ehemaligen Tegernseer Grundbesitz, der vom „officio Altenburch“ verwaltet wurde. Hierfür spricht auch, dass dieses Anwesen, so ist es dem Saalbuch von 1657 zu entnehmen, nach Tegernsee Abgaben leisten musste. Es ist ein Viertelhof und war leibrechtig. 1866 hatte das Anwesen allerdings nur mehr 6 Tagwerk Grund. Warum 1797 Georg Obermair aus Katzenreuth in dieses Anwesen einheiraten konnte, könnte damit zusammenhängen, weil sein Bruder der „Niedermair“ (Wirt) von Frauenreuth war.
Zum Frauenreuther Kirchengut gehörten auch schon seit vor 1554 zwei Achtelhöfe in Rohrsdorf. 1657 waren Hans Khrällschmied auf Leibrecht und Melchior Weber freistiftsweise die Nutzer. Auch in Rohrsdorf gab es von Altenburg aus verwalteten Tegernseer Grundbesitz. Weitere drei Anwesen der Frauenreuther Kirche sind in Feldolling: Ein Halbhof beim „Hirsch“ oder „Kögl“, schon seit 1575, dann der „Huber“, ein Viertelhof, zur Hälfte steht er im Obereigentum des Klosters Beyharting und schließlich beim „Kellerer“, ebenfalls ein Viertelhof. Zusammenhänge mit Tegernsee sind hier ebenfalls festzustellen.
Außer dem Grundstücksobereigentum gibt es weitere Anwesen oder Grundstücke, die zu Gunsten der Frauenreuther Kirche zu Leistungen verpflichtet waren. So müssen zum Beispiel die Inhaber des Schlosses Mattenhofen aus einem Tagwerk Wiesmath und einem kleinen „Äckherl“ der Kirche 2 Pfund Wachs liefern. Zu jährlichen Geldzahlungen oder Abgaben, wie Zehent oder Jahrtagsgelder, sind verpflichtet: der Hintermaier zu Frauenreuth, Sebastian Baur, „Baur“ zu Heimatshofen, Melchior Behamb zu Byberg, Balthasar Reispel zu Haslach, Wolf Mayr von Edt, das Weniggütl und der Bauernschuster zu Mattenhofen, der Obermair von Haslach, der Rumpl von Hafelsberg und die „Rieplischen“ zu München. Weitere „Kondecimatoren“ waren auch das Kollegiatstift U.L. Frau in München und das Beneficium Altenburg. Besonders ist erwähnt, dass die „Preyschen“, gemeint waren wohl die Zinneberger, „allda nichts“ zu leisten haben. Es gab aber auch Abgaben der Frauenreuther Kirche: An die Glonner Kirche mussten jährlich 12 Gulden „gereicht“ werden.
Die alte Kirche
Alte Frauenreuther Kirche, Ausschnitt aus dem Votivbild von 1648 des Johann Reisenthaler.
Die Kirche vor 1707 ist auf einem Votivbild von 1684 des Johannes Reiserthaler, er muss aus Loibersdorf gewesen sein, zu sehen. Neuere Untersuchungen (2007) von Hans Sarreiter und dem Verfasser stellen sicher, dass der heutige untere, quadratische Turmteil von der Vorgängerkirche stammt. Auf etwa 14 Meter über dem Kirchenbodenniveau ist eine Öffnung in den Speicher des Langhauses vorhanden. Sie besteht aus zwei gotischen Spitzbögen, die durch eine Säule getrennt sind. Der obere Teil der Säule ist in Richtung Langhaus mit einem Reifengesims verziert, so dass diese Seite eindeutig als Außenseite erkennbar ist. Es handelt sich also um das Schallloch der Vorgängerkirche. Über der Öffnung ist ein 50 Zentimeter hoher Fries zu sehen, der aus sieben Blendarkaden besteht und rot und gelb ausgemalt ist. Eingefasst ist der Fries auf jeder Seite mit einer Lisene, die die Ecken des rund vier Meter breiten Turmes kennzeichnen. Möglicherweise war auch auf der Westseite des alten Turmes das gleiche Schallloch mit entsprechenden Verzierungen vorhanden.
Auf der früheren Turmaußenseite das verzierte Kapitel der Säule und darüber die gotischen Blendarkaden.
Geht man von den Außenmaßen (Seitenlänge rund vier Meter) des alten und jetzigen unteren Turmes aus und setzt diese auf die 1684 gezeigt Kirche um, dann hatte das frühere Kirchenschiff eine Länge von rund 16 Metern und bis zur Spitze des gotischen des Turmes ein Höhe von rund 35 Metern. Zum Vergleich, die heutige Kirche in Kreuz hat eine Gesamtlänge von ebenfalls 16 Metern.
Auch Lehrer Dunkes schreibt 1868, die alte Kirche sei von „gotischer Bauart“ gewesen, wovon „…noch die zunächst am Thurm verscharrten Überreste der Säulen, von denen eine vor einiger Zeit ausgegraben wurde, Zeugnis gibt“. Diese würde ebenfalls den gleichen Standort der alten Kirche wie der neuen bestätigen, obwohl einer Überlieferung nach die alte Kirche an einem anderen Platz gestanden haben soll. Aber auch der Friedhof, der schon 1315 bei der Kirche war, spricht dafür, dass der Standort der alten Kirche mit dem der neuen identisch ist. Aus einem Inventarverzeichnis vor 1703 wissen wir, dass die alte Kirche mit drei Glocken ausgestattet war.
Vom Turm in den Langhausspeicher. Dieser Durchgang mit zwei gotischen Bögen war einst das Schallloch des Turmes der Vorgängerkirche.
Die Tradition der Votivbilder geht auf die Mitte des 15. Jahrhunderts zurück. Das älteste in Frauenreuth vorhandene Bild trägt die Jahreszahl 1681. Aber auch schon vorher war die Frauenreuther Wallfahrt bedeutend. Deshalb sind ältere Votivbilder zu vermuten, zumal in Glonn das Malerhandwerk schon ein halbes Jahrhundert vorher Bedeutung hatte. Ab 1681 bis zur Grundsteinlegung der neuen Kirche 1702 kommen noch mindestens 13 Votivbilder hinzu. Hierzu passt auch, dass vom Augsburger Johann-Kaspar Gutwein ein Kupferstich mit der Frauenreuther Madonna gefertigt wurde. Es ist bezeichnet mit „H wunderbarliche Mutter von Frawenreith“. Gutwein wurde 1689 durch sein Ecce-homo-Bild berühmt. Die Frauenreuther Madonna dürfte schon vorher entstanden sein. Der Künstler Gutwein muss in Frauenreuh gewesen sein, woher hätte er sonst das Motiv. Gutweins Sohn Johann-Balthasar, er war ein Schüler seines Vaters wird vom Würzburger Bischof zum Hof- und Universitätskupferstecher berufen. Auch dies ist ein Beweis für Vater Gutweins Bedeutung.
Der “Gutweinstich” mit der Frauenreuther Madonna aus der Zeitvon 1689 und dem Mariengebet.
Vergleicht man Votivbilder aus dieser Zeit, so ist die Madonna auf dem Kupferstich der des Johannes Reisertahler von 1684 am ähnlichsten. Das Anfertigen einer Kupferstichvorlage war sicher nicht billig. Dies spricht für die Bedeutung der Frauenreuther Wallfahrt. Teil des Kupferstiches ist ein vierstrophiges Gebet. Es ist betitelt mit „Andächtige Seüffzer zu Maria der Wunderthättige Muetter Gottes zu Frauenreith nechst Glonn in allen Nöthen und Anligen“. Wer hat dieses Gebet gedichtet? Vielleicht stammt es von Melchior Schmalzmair, der von 1641 bis 1644 Kooperator für Frauenreuth und dann von 1644 bis 1664 Pfarrer und Dekan in Glonn war.
Aus der Baugeschichte der Kirche können wir für 1676 feststellen, dass das Gotteshaus baufällig gewesen sei und eine Mauer eingefallen wäre, hätte man es nicht für 46 Gulden repariert. Es ist anzunehmen, dass die Kirche eine Holzdecke hatte. Ein Gewölbe hätte diesen Mauerschaden wahrscheinlich nicht überlebt. Das Erdbeben vom 4.12.1690, das die Grafinger Kirche beschädigte, dürfte an der Frauenreuther auch nicht spurlos vorüber gegangen sein.
Die neue Kirche
Die Zeit
Der Dreißigjährige Krieg hatte auch vor dem damaligen Bayern nicht Halt gemacht. 1632 waren auch in unserer Gegend Kampfhandlungen mit den Schweden. So die Schlacht am Glonner Kugelfeld. In diesem Jahr sind in der Pfarrei ungefähr 70 Personen verstorben. Hinzu kam die Pest in den Jahren 1634 – 1636. 1646 gab es eine große Flucht nach Glonn, denn die Schweden und Franzosen kamen abermals nach Bayern. Pfarrer Melchior Schmalzmair berichtet uns darüber. Durch beide Ereignisse wurde nicht nur die Bevölkerung stark vermindert, sondern auch die Sachschäden waren immens. Und wenn wir im Steuerbuch von 1671 des Öfteren lesen „hat Brandstadt übernommen“, so mag das den verzögerten Wiederaufbau kennzeichnen. Die Folgen von Krieg und Pest sind am Ende des Jahrhunderts noch nicht überwunden, da braut sich schon wieder neues Unheil zusammen: der Spanische Erbfolgekrieg. 1703 fallen in Tirol sieben Männer aus der Pfarrei. Der Krieg spielt sich auch in der Heimat ab. Ein Eintrag ins Taufbuch mag dies verdeutlichen. Die 1684 geborene Mesnerstochter von Frauenreuth gebar 1706 illegitim ihre Tochter Maria. Den Kindsvater beschreibt der Glonner Pfarrer als „violenter Oppresta deflarata Miles incognito“, was soviel bedeutet wie gewaltsamer Unterdrücker, niederbrennender Soldat, unbekannt. Eine Vergewaltigung also. In der Niedermairchronik ist zu lesen: „Der Spanische Erbfolgekrieg brachte viel Leid in unsere Gegend. Das ganze Land wurde von den Österreichern besetzt und drangsaliert. Bei Nacht holten die Österreicher und die bayerische Beamten die militärpflichtigen Söhne aus den Betten und zwangen sie zum Soldatendienst“. Hinzu kamen Raub, Mord und Quartierlasten der Besatzer. Es muss schon schlimm gewesen sein, wenn gesagt wurde „lieber bayerisch sterben, als österreichisch verderben“. In einer solchen Zeit wurde in Frauenreuth eine neue Kirche gebaut, oder gerade deswegen.
Planung und Bau
Wie wir schon festgestellt haben, war die Frauenreuther Kirche nicht arm, jedenfalls reicher als die übrigen Glonner Filialen. Hinzu kam sicher die eine oder andere Spende aus der Wallfahrt. Dann die Bauern des Kirchensprengels. Ihre Anwesen waren im Durchschnitt größer als zum Beispiel die von Schlacht oder Adling. Ob sich die Herren von Mattenhofen oder Zinneberg bei der Finanzierung des neuen Gotteshauses besonders hervorgetan haben, ist nicht festzustellen. Und trotzdem dürfte der Neubau die finanziellen Möglichkeiten der Filiale weit übertroffen haben. Wie so oft in dieser Zeit, plante und baute man nach dem Prinzip „Gottvertrauen“.
Ab 1691 wurde ein Neubau aktiv betrieben. Der Pfarrer von Glonn, Wolfgang Gebhart und der Pflegverwalter des Landgerichtes Schwaben, Sebastian Maiser waren hier die handelnden Personen. Und wie es in den Unterlagen heißt, lagen jahrelang Grundrisse und Überschläge vor. Als Planer dürfte von Anfang an Thomas Mayr, der Baumeister aus Grafing, festgestanden sein. Ein starkes Argument für den Neubau war sicher auch ein Liste von 1691 mit der „Anfiehrung etlich großer Gnad und Wunder“, die sich allein im Verlauf der letzten 10 Jahren ereignet hatten. Ebenfalls wurde auf den wachsenden Zulauf des „schon in schwedischen Feindszeiten“ wundertätigen Gnadenbildes hingewiesen. Hier sei auf die Schlacht am Kugelfeld am 25. Mai 1632 erinnert. Unter anderem seien auch Tode in Frauenreuth begraben worden. Weiter wurde vermerkt, die Kirche sei viel zu klein. Bei Gottesdiensten müssten die Gläubigen auch auf dem Kirchhof stehen.
Das größte Problem war sicher die Finanzierung. Der vom Pflegverwalter aufgestellte Finanzierungsplan ergab Gesamtkosten von 3924 Gulden. 915 Gulden konnte man aus „ohne Entgelt, vorhanden ….“ abziehen. Dieses Eigenkapital bestand vermutlich aus Rücklagen, aber auch aus Hand- und Spanndiensten und ganz sicher aus dem Bestand der alten Kirche, in erster Linie Baumaterialien. Wie es in den Unterlagen heißt, sollten auch die Kirchen des Gerichtes (Landgericht Schwaben) zur Finanzierung herangezogen werden. Dies war damals eine übliche Finanzierungsform, denken wir an den Bau der Glonner Kirche. Der Plan war aus dem Jahre 1699. Es dauerte aber noch drei Jahre bis am 6. März 1702 die bischöfliche Genehmigung erteilt wurde.
In der Niedermairchronik heißt es: „Nachdem sie abgebrochen war, soll ein Kaufmann, der ein Kauffahrtschiff auf dem Meere besaß, im Falle einer glücklichen Zurückkunft von einer Seereise den Bau der Kirche in Frauenreuth gelobt haben“. Niedermair bezieht sich dabei auf das Pfarrarchiv Glonn. Eine konkrete Stelle hierzu konnte bislang noch nicht gefunden werden. Sie wird es wahrscheinlich auch nicht geben. Sonst hätte Niedermair nicht von „soll“ geschrieben und sicher den Namen des Stifters genannt. Sein Hinweis wird sich wohl auf eine spätere Erwähnung, wahrscheinlich die eines Pfarrers, beziehen, der den Tatbestand aus einer mündlichen Überlieferung heraus aufzeichnete. Dieses Gelöbnis dürfte zur Einlösung gekommen sein, weil eine Finanzhilfe durch die Kirchen des Gerichts nicht nachzuweisen ist. Wer war also der Stifter?
Abbruch und Baubeginn dürfte noch 1702 gewesen sein. Den Grundstein hatte der in Anzing ansässige Kurfürstliche Rat Anton-Benno Höger gelegt. Pfarrer Gebhart hatte im Schreiben vom 10.11.1701 an Bischof von Eckher darum gebeten und darin Höger einen „sonderbaren (besonders herausragend) Patron und Guethetter dises Gottshaus“ genannt. Der Bischof genehmigte dies. Die Högers hatten 1652 Schloss und Herrschaft in Anzing gekauft. Anton-Benno ist am Lichtmeßtag 1667 als Sohn des Kaufmanns Franz-Benedikt und seiner Frau Anna-Maria geboren. Im gleichen Jahr werden die Högers geadelt. Die Högers sind Eigentümer von zwei Häusern am heutigen Münchner Marienplatz gewesen, waren also eine begüterte Familie. Auch Anton-Benno wird „Mercator“, also Kaufmann, genannt. 1692 stiftet er die Högerkapelle in Anzing, wo er auch beigesetzt ist. Alle diese Fakten lassen es wahrscheinlich erscheinen, dass Anton-Benno Höger besagter Kaufmann ist, der den Bau der Frauenreuther Kirche gelobt hat. Stifter ließen sich in dieser Zeit auch immer wieder „verewigen“. Höchstwahrscheinlich ist das Wappen am unteren Teil des Frauenreuther Deckengemäldes ein Hinweis auf den Stifter. Einzelne der dort verwendeten heraldischen Motive finden wir auch auf den Anzinger Högerwappen, wie sie auf den Stichen von Wening vorkommen. Dass ein Georg Höger, wahrscheinlich ein Neffe des Stifters, von 1710 bis 1712 Kooperator in Frauenreuth war, dürfte kein Zufall sein.
Wappen auf dem unterem teil des Deckengemäldes, das höchstwahrscheinlich auf die höger von anzing un derer von Schönbichl hinweist. Von dort stammte die frau von Benno Höger.
Das Deckengemälde Maria-Himmelfahrt, höchstwahrscheinlich vom maler Antoni Vicelli
Der Baumeister war aus Grafing. Hier kann es sich nur um Thomas Mayr handeln. Das „Baumeister aus Grafing“ und sein bisherigen Werke lassen eigentlich keinen anderen Schluss zu. Namentlich wird er allerdings nicht genannt. Schon Mayrs Großvater war Maurermeister in Grafing, ebenso sein Vater. Dieser baute 1672/73 die Grafinger Dreifaltigkeitskirche. Er verstirb bereits 1675, hinterlässt nicht nur Schulden, sondern auch 15 unmündige Kinder. Thomas, der Älteste der Söhne tritt das Erbe an und muss bereits im Alter von 18 Jahren heiraten. Die Braut ist eine 29-jährige Maurermeisterstochter aus Grafing. Nach dem Tod der Frau folgt 1691 die zweite Ehe und 1693 die dritte. Diesmal ist es eine 17-jährige. Sie schenkt ihm 15 Kinder, die zu den sieben aus den ersten beiden Ehen hinzukommen. Thomas Mayr ist der Baumeister seiner Zeit: Viele Kirchen, aber auch profane Bauten zeugen von seinem Können. 1733 verstirbt er. Sohn Josef und dann Enkel Jakob übernehmen das Geschäft. Die Witwe des Letzteren heiratet Michael Heinzlmayr, der 1823 die Glonner Pfarrkirche fertig gestellt.
Über dem Chorbogen stand bis zur Restaurierung 1872 die Jahresangabe „1703″. Diese Jahreszahl ist als Fertigstellungsdatum, allein von der Bauzeit her, sie könnte ja nur ein gutes Jahr betragen haben, unwahrscheinlich. Es ist daher anzunehmen, dass ab diesem Jahr wieder notdürftig Gottesdienst gefeiert werden konnte. Überdies ist das Einweihungsjahr mit 1707 festgestellt. Außer dem Maurermeister sind noch weitere Bauhandwerker bekannt: Der Zimmermeister war aus Schwaben und der Schlosser aus Grafing. Solche Handwerker, jedenfalls nicht mit der erforderlichen Kompetenz, gab es in Glonn damals noch nicht.
“Miesbacher stuck” in der Kirche
Zur Innenausstattung: Mittelpunkt ist natürlich nach wie vor die um 1500 geschaffene Muttergottes, eine aus der „Zeit der schönen Madonnen“. Auf dem Votivbild von 1828 wird sie noch in Kleidern gezeigt, vielleicht gilt dies sogar bis zur Renovierung von 1872. Wie schon auf dem Gutweinstich vom ausgehenden 17. Jahrhundert hält sie sitzend das aufgeschlagene Buch in ihrer Linken, als wollte sie uns auf die Heilige Schrift hinweisen. Ihr Blick aber ist auf das mit ihrem rechten Arm gehaltene, Kind gerichtet das anscheinend mit der Weltkugel spielt, als wollte sie sagen: Lass die „Welt“ nicht fallen. Dies alles ist nur Deutung. Von Bedeutung ist, dass Generation um Generation von der Frauenreuther Muttergottes Hilfe erbeten und wohl auch erhalten haben.
Den Hochaltar hat der Kistler (Schreiner) von Schwaben gebaut, er entspricht im Wesentlichen dem von heute. Als neuer Schmuck waren nur die zwei Engel im oberen Teil des Altares vorgesehen, so wie wir sie heute noch kennen. Die Figuren beiderseits der Gottesmutter, Josef und Joachim, ihr Verlobter und ihr Vater, sind ihr wohl in der alten Kirche schon zur Seite gestanden.
Der alte Hochaltar wurde zu einem Seitenaltar umfunktioniert, der zweite zwangsläufig nachgemacht. Die beiden Gemälde, links der Heilige Stephanus und rechts die Heilige Familie mit den Eltern Marias, Joachim und Anna (1709), sind Werke des Münchner Hofmalers Joseph Anton Harrath.
Außer den Seitenaltarbildern sind andere Werke wahrscheinlich von „alhiesigem“ Maler Antoni Vicelli gefertig. Vicelli war in Tirol gebürtig. Mit dem „alhiesig“ war weder Frauenreuth noch Glonn gemeint. Das Angebot Vicellis geht von 507 Gulden aus und umfasst die Marmorierung des Hochaltars und der Seitenaltäre, die neue Fassung der Seitenfiguren (wahrscheinlich sind die an den Hoch- und Seitenaltären gemeint), sowie die Bemalung der Kanzel. Außerdem war vorgesehen, anstatt des „Gibswerchs“ die Kirche „auszutuschen“. Stuck war also zum Zeitpunkt des „Überschlags“, wahrscheinlich 1699, nicht mehr vorgesehen. Das „Gibswerch“, also der Stuck, war sicherer teurer als das bloße „austuschen“. Es ist anzunehmen, dass hier der Stifter nach dem Motto „wer zahlt schafft an“ seine Vorstellungen mit eingebracht hat. So wie bei vielen Landkirchen dieser Zeit wurden Decken und Wände mit „Miesbacher Stuck“ verziert. Für die Pfarrkirche in Kleinhelfendorf ist es belegt und für die Frauenreuther geht man in den „Kunstdenkmäler von Oberbayern“ ebenfalls davon aus.
Das ovale Deckengemälde mit der Darstellung der Himmelfahrt Marien ist auf Leinen gemalt. Der Künstler ist nicht bekannt. Es könnte von Vicelli sein. Die zwölf Apostelfiguren, die heute im Altarraum aufgestellt sind, sollen aus der Zeit um 1700 sein, wahrscheinlich noch aus der alten Kirche. Von den 15 Bildern an der Emporenbrüstung ist nichts vermerkt. Diese Gemälde stellen die 15 Geheimnisse des Rosenkranzes dar. Frau Dr. Böhm schreibt, hier handle es sich um einfache handwerkliche Arbeiten. Vielleicht handelt es sich beim Maler um den aus Schrobenhausen stammenden Elias Herlemann, der 1681 die Tochter des Glonner Malers Balthasar Schmied geheiratet hat. Die Schmieds waren mindestens über drei Generationen als Maler in Glonn ansässig. In der Frauenreuther Kirche hat lediglich ein Votivbild von 1683 mit Herleman zu tun. Hier hat sich die Frau des Malers „Maria Herlemannin, Mallerin zu Glon wegen der Khue“ nach Frauenreuth verlobt. Dieses Werk ist sehr naiv gemalt und stammt wahrscheinlich aus der Hand eines Lehrbuben.
Die Einweihung der Kirche findet am 18. Juni 1707 durch Fürstbischof Johann Franz Eckher statt. Nachdem ein Seitenaltarblatt mit 1709 datiert ist, kann davon ausgegangen werden, dass die Innenausstattung noch nicht komplett war. Wenn damals ein Bischof aus Freising auf eine so weite Dienstreise ging, dann sicher nicht nur wegen eines einzigen Anlasses. Und so ist aktenkundig, dass zugleich Firmung war und das auch für Höhenrainer Kinder. Jedenfalls steht es so in der Höhnrainer Kirchenrechnung: „Zu Frauen Reuth alwo gefürmt worden, dem die was geführt und darbey gewest, also Rieder, Bachmayr, Khürchenprobst und khnecht Pir und Brothe 20 X“. Das heißt dass die Firmlinge vom Rieder und Bachmayr begleitet wurden und dafür Bier und Brot in Rechnung stellten. Ob dieser Auslagenersatz die Bewirtung der Firmlinge einschloss, ist nicht bekannt. Sicher hatte der Bischof bei dieser Reise noch weitere Termine zu erledigen. So weihte er am gleichen Tag die Höhenrainer „große Turmglogge“, die dafür eigens nach Münster gebracht werden musste.
Ausschnitt aus der Höhenrainer Kirchenrechnung mit dem Hinweis auf die Firmung in Frauenreuth am 18.6.1707.
Gerichtsmühle
In der Frauenreuther Kirche treffen wir auf eine Rarität: Nur an vier Orten Altbayerns, nämlich in Rieden am Ammersee, in Frauenneuharting, in Zorneding und eben in Frauenreuth sind so genannte Gerichtsmühlen bekannt. In Frauenreuth handelt es sich um ein Gemälde in der Größe von 198 auf 160 cm, das in vier Sektoren unterteilt ist. Es ist auf der Nordseite der Kirche, unterhalb der Empore zu finden. Vor der letzten großen Innenrenovierung war es hinter dem Hochaltar platziert.
Laut Karl von Spieß basieren die Gerichtsmühlendarstellungen letztlich auf dem Jedermann-Thema. Das Mühlenrad wird gestalterisch als Lebens- oder Schicksalsrad gedeutet. Christus ist der Müller, der die von den Sündern herangetragenen Säcke auf das Mühlrad schüttet. Die Gottesmutter Maria und der Erzengel Michael sehen dabei zu. Aber auch der Satan ist mit von der Partie. Verschiedene Verse erläutern das Geschehen und weisen auf die Folgen eines sündhaften Lebens hin, wie zum Beispiel: „Die nit geglaubt an Gottes Wordt, die bekommen in der Höll ihr Ohrt.“ Auf dem linken Bildteil ist das Bußsakrament und auf dem rechten die Versinnbildlichung der Liebe zu Gott das Thema. Über allen drei Gemälden spannt sich bogenartig das Jüngste Gericht.
Die “Gerichtsmühle in der Frauenreuther Kirche.
Während die Frauenneuhartinger Darstellung auf 1708 datiert werden kann, kann die Entstehung der Frauenreuther Darstellung nur geschätzt werden. Ältere Aussagen gehen von der Mitte des 17. Jahrhunderts aus. Diese Aussage basiert auf dem Architekturrahmen der Schicksalsmühle und auf den Trachten der Akteure. Neuerdings stuft man die Entstehung ins frühe 18. Jahrhundert ein, also in die Bauzeit der jetzigen Kirche.
Für Frauenneuharting kann als Maler Michael Deli, der Jüngere, aus Miesbach gelten. Nachdem zumindest das Frauenreuther Mittelthema mit dem Frauenneuhartinger eine Ähnlichkeit hat, könnte auch dieser Künstler aus der Deli-Familie kommen. Die Austattung der Frauenreuther Kirche mit „Miesbacher-Stuck“, könnte hier ebenfalls ein Indiz sein.
Wie es heißt, hat die Frauenreuther Gerichtmühle allerdings unter der Renovierung von 1839 an künstlerischer Bedeutung verloren. Die Inschrift „Hatt Rennefirren lassen im Jarre 1839 Jochan Steinecker“ sagt uns wer für die Renovierung gesorgt hat. Wer das Werk ursprünglich gestiftet, oder in Auftrag gegeben hat, ist nicht feststellbar. Vom Thema her wäre die Glonner Armenseelenbruderschaft, die es schon um 1440 gab, gut möglich.
Der Turm
Niedermair vermerkt, dass der Turm 1723 angebaut wurde. Betrachtet man eine Vorivtafel von 1723 (Spender unbekannt), kann man einen so genannten „Dachreiter“, also einen auf dem First aufgesetzten Turm erkennen. Man könnte glauben, dies sei der Dachreiter der zusammen mit der Kirche ab 1702 gebaut wurde. Vielleicht leitet Niedermair sogar seine Zeitangabe von dieser Votivtafel ab. Ein solcher Dachreiter ist aber auch schon auf einer Votivtafel von 1685 (Spender Georg Obermair, Egmating) zu sehen, damals hatte die Kirche aber (Votivbild des Reisenthaler) einen angemauerten Spitzturm. Ebenso sieht man einen Dachreiter auf einem Votivbild (Spender unbekannt) von 1779. Bei allen drei Bildern (1685,1723 und 1779) entspricht die Madonna nicht der „Frauenreutherin“. Anstatt eines Buches trägt sie mit dem linken ausgestreckten Arm ein Zepter. Dies drei Bilder sind also nicht mit Frauenreuther Motiven ausgestattet. Wie sich inzwischen herausgestellt hat, wurde nicht der Turm an die Kirche angebaut, sondern die Kirche an den bestehenden unteren Turmteil. Aus der Zeit um 1723 stammt nur der achteckige obere Turmteil mit der Zwiebelkuppel.
Votivbilder von 1685, 1723 und 1779 höchstwahrscheinlich jeweils mit der Kreuzer Muttergottes und der Kreuzer Kirche.
Auch Kreuz war eine Wallfahrtskirche. Die Kreuzer Madonna hat einen linken ausgestreckten Arm, der in einer Aufnahme von ca 1955 noch ein Zepter trägt. Das Kind trägt sie auf dem rechten Arm. Diese Darstellung entspricht also weitgehend der, wie sie auf den drei Votivbildern in der Frauenreuther Kirche zu sehen sind. Der Turm der Kreuzer Kirche wurde 1793 angebaut, weil der „alte ganz von Holz gemachte Thurm …. verfault und nicht mehr zu bessern… „ war. Beim alten handelte es sich um einen auf dem Dach aufgesetzten Turm, der, so ist es auch auf den Votivbildern zu sehen, wesentlich größer war, als wir sie in Georgenberg und Schlacht auch heute noch vorfinden. Diese drei Bilder sind also höchstwahrscheinlich Kreuz zuzuordnen. Wie sie nach Frauenreuth kamen, ist nicht bekannt. Ob weitere neun Votivbilder, alle anstatt des Buches in der linken Hand ein Zepter haltend, wirklich nach Frauenreuth gehören, ist nicht nachgewiesen. Es könnte aber auch sein, dass man der Muttergottes als Attribut sporadisch immer wieder ein Zepter beigab.
Das 18. und 19. Jahrhundert.
Es ist anzunehmen, dass Wallfahrtskirche und Muttergottes von Frauenreuth nach der Fertigstellung ein besonderer Anziehungspunkt waren. Dazu haben sicher auch die Leiden die der Spanische-, aber auch der Österreichische Erbfolgekrieg über das Land gebracht haben, beigetragen. Die noch vorhandenen Votivtafeln, die letzte trägt die Jahreszahl 1828, sind ein Querschnitt für alles Mögliche, wofür die Gläubigen Dank sagten. Ob 1708 die Klingerin, die in Kindsnöten war, 1720 der Steinmüller Servatius Wäsler, er dankt weil seine 22 „Frischlinge“ durchgekommen sind, 1728 Wolfgang Wieser von Spielberg wegen seines kranken Pferdes, 1766 Maria-Antonia-Barbara Molidorin, die von bösen Geistern geheilt wurde, 1777 Adam Dötsch, Bäck von Glonn, weil sein 22-jähriger Sohn wieder gesund wurde, 1779 der Glonner Wiesmüller Corbinian Wäsler, weil ihn eine starke Ohnmacht „iberfallen“, im gleichen Jahr der „Simmä“ von Frauenreuth, er konnte sein Kinder aus dem brennenden Haus retten, und schließlich die ganze „Pfarr Glon um Abwendung des Viehfalles im Jahre 1790″. Einige Votivtafeln tragen nur Initialen und sind so namentlich nicht zuzuordnen. Wie Dunkes um 1868 vermerkt, wurde eine Menge von Votivtafeln in der oberen Sakristei verlagert. Wahrscheinlich konnten in der Kirche nicht alle untergebracht werden.
Votivbild um 1720 des Sevatius Wäsler, Steinmüller aus dem Mühlthal.
Er dankte, will seine 22 “Frischlinge” (Jungschweine) durchgekommen sind.
Die von Montgelas ab dem Jahr 1803 initierte Säkularisation sollte „entbehrliche“ Filialkirchen dem Erdboden gleich machen. Die Kirchen in Dobelberg und Steinhausen mussten abgebrochen werden. Die Bewohner von Kreuz, Georgenberg, Adling und Haslach konnten ihre Kirche retten, indem sie sie ablösten. Ein Säkularisationsvorgang für die Frauenreuther Kirche kann nicht nachgewiesen werden. Scheinbar bewahrte das Vorhandensein eines Friedhofes die Kirche vor der „Entbehrlichkeit“. Hinzu kommt, dass wegen der Wallfahrt nicht nur ein Kirchensprengel allein Widerstand geleistet hätte.
Mögen sich die Wallfahrten, ob einzeln oder in Gruppen, auf das ganze Jahr verteilt haben, Hochfest des Frauenreuther Kirchenjahres war, und das bis in unsere Tage, der „Frauentag“, also Maria-Himmelfahrt am 15. August. In der Niedermairchronik können wir nachlesen, dass noch um 1860 am „Frautag“ 10 Gottesdienste gefeiert wurden und um die 1500 Personen die Sakramente empfingen. Niedermair konnte 1909 noch Zeitzeugen befragen. An diesem Tag fand auch die Frauenreuther „Dult“ mit rund einem Dutzend Kramerständen statt. Der Wirt in Frauenreuth, den es schon seit zu Beginn des Jahrhunderts gibt, kann die Gäste allein nicht bewirten. So berichtet Niedermair, dass auch der Wirt aus Glonn und der Wirt aus Höhenrain Bier ausschenkten. Warum auch der Wirt aus Höhenrain? Die frühere Grenze der Hofmark Höhenrain ging bis „an des Wirts Stadel“ in Frauenreuth. Hier begann das Recht der Höhenrainer. Das Schankrecht des Höhenrainer Wirtes war wohl dann Gewohnheitsrecht und hat die Auflösung der Hofmark überdauert. Wenn Dunkes 1868 schreibt, dass Frauenreuth früher eine berühmte Wallfahrt gewesen sei, so macht das deutlich, dass 1868 der Höhepunkt des Wallfahrtswesens schon überschritten war. Auch bei Niedermair können wir lesen, dass unter Pfarrer Pröbstl, er war von 1864 bis 1869 in Glonn, die Zahl der Besucher am Frauentag abnahm. Grund hierfür war, dass nicht mehr genug Aushilfen für den Beichtstuhl bestellt wurden. Die Frauenreuther protestierten, aber es half nichts. Damit war die Blütezeit der Frauenreuther Wallfahrt vorüber.
Kirchweihgesellschaft in Frauenreuth um 1890
Neben dem „Frautag“, der ja auch Patroziniumstag der Kirche ist, wurde auch der Kirchweihtag gefeiert. In Frauenreuth war dies der erste Sonntag nach Maria-Geburt (8.9.). Der zutreffende Kirchweihtag hätte allerdings um den 18. Juni (1707) sein müssen. Wahrscheinlich wurde hier noch nach dem Weihetag der Vorgängerkirche gefeiert. Laut den Aufzeichnungen der Glonner Musikkapelle Diemer (ab 1851) war diese beim Frauenreuther Kirta immer im Einsatz. Mit der individuellen Feier des Weihetages gab es in der näheren und weiteren Umgebung natürlich immer etwas zu feiern. Kirchweih war eben etwas Besonderes. Es hieß: „A richtiga Kirta dauert bis zum Irta, kunnt sie a schicka bis zum Micka“ (Irta= Dienstag, Migga = Mittwoch). Dieses häufige Feiern passte nicht immer in den bäuerlichen Alltag, zumal eine Kirchweih auch in die Erntezeit fallen konnte, wie zum Beispiel in Frauenreuth. Überdies wirken sich dieses häufige Feiern auf das Sparverhalten der Dienstboten aus. Und so wurde 1867 oberhirtlicherseits der „Allerweltskirta“, ein einheitlicher Weihetag, dies ist bis heute der dritte Oktobersonntag, verordnet.
Liest man die Kassenaufzeichnungen der Frauenreuther Kirchenstiftung ab 1839, ist festzustellen, dass die Kirche nicht arm war. So zahlte die Glonner Kirche ihr Darlehen über 60 Gulden aus dem Jahre 1822 zurück. Hinzu kommen Zinseinnahmen von anderen Schuldnern. An den „Bachmaurer“ von Glonn konnte ein neues Darlehen über 100 Gulden ausgeliehen werden. Neben verschiedenen laufenden Ausgaben für alles Mögliche ist auch das Gehalt an Lehrer Dunkes für 1841/42 mit 5 Gulden und 29 Kreuzern festgehalten. Hinzu kommen für Dunkes zweimal „Ganggeld“ zum Landgericht nach Ebersberg, wofür er jeweils 40 Kreuzer erhält. Aber auch der Kirchenpfleger Marinus Oswald, „Baur“ von Mattenhofen, bekommt für den gleichen Gang diesen Betrag. 1855 erhält der „Hansschuster“ von Glonn, Mathias Pichler, der Großvater von Lena Christ, ein Darlehen von 100 Gulden. Beim Verkauf des Anwesens im Jahre 1894 bestand es noch.
1857 erhielt die Kirche durch Vermächtnis des früher in Glonn wohnenden Baders Georg Mayr 2000 fl. für 52 Wochenmessen. Das Kapital ist als „Ewiggeld“ (Darlehen) bei dem Wirte Anton Götzendorfer in der Sendlingerstrasse in München „aufgelegt“. Aber auch der „Koller“ von Mattenhofen, Michael Bauer stiftet immer wieder für die Kirche. Die Kassenaufzeichnungen des Jahres 1863/64 geben ebenfalls wieder einen guten Einblick, was damals alles üblich war. Lehrer Dunkes ist jetzt mit 10 Gulden 53 Kreuzern entlohnt. Für die Ministranten sind ein Gulden und 44 Kreuzer ausbezahlt worden und für das Schießen an „Antlaß“ gab es zwei Gulden. Interessant ist auch, dass die Kirche „für Musikanten beim Niedermair“, das war der Wirt, zwei Gulden und 18 Kreuzer ausgegeben hat. Größte Ausgabe war allerdings die Auszahlung eines Darlehens an den Bäcker Georg Obermair. Es handelt sich um den „Neubäck“ (heute Gürteler), der damals das Gerichtsdieneranwesen in Glonn erwarb und eine Bäckerei eröffnete.
Über eine Umgestaltung der Kirche ist seit ihrem Bau nichts vermerkt. Vor der Restaurierung des Jahres 1872 dürfte sich die Kirche also weitgehend im Zustand von 1707 befunden haben. Ob es 1872 einen bautechnischen oder liturgischen Anlass gab, eine grundlegende Neugestaltung des Innenraumes vorzunehmen, oder ob es die „Nazarenisierungswelle“ war, die das Land überzog, wurde nicht festgestellt. Wahrscheinlich das Letztere. Jedenfalls wurden damals landauf, landab viele Kunstwerke aus den vorangegangenen Stilepochen verkauft oder gar vernichtet. In Frauenreuth war das anders. Man stellte einfach die alte Einrichtung auf den Dachboden. Gott sei Dank!
Wie auch Kastner, schreibt wurde die Frauenreuther Kirche im Nazarenerstil umgestaltet. Die Muttergottes und die beiden Assistenzfiguren Josef und Jochim wurden in den neuen Altar übernommen. Das „Oratorium“ das von der oberen Sakristei aus zugänglich war, stammt wahrscheinlich aus der Bauzeit. Was von den alten Seitenaltären übernommen wurde ist nicht sicher. Jedenfalls wurden die 1709 geschaffenen Altarblätter von Harrath, der Heilige Stephanus und die Heilige Familie, durch einen neuen Stephanus und Bonifatius durch den Maler Osendorfer aus Aibling im Nazarenerstil ersetzt. Dies galt auch für den Kreuzweg. Die gesamte Restauration hat rund 11000 Gulden gekostet; mit knapp 6600 war kalkuliert worden. 7000 Gulden wurden durch Spenden aufgebracht. Der Rest stammte aus Kirchenmitteln. Niedermair stellt fest: „Durch die unermüdlichen Bemühungen des damaligen Kooperators Fing konnte das Werk zur Ausführung gebracht werden“. Fing, der in der Schweiz gebürtig war und 1877 zum Ehrenbürger von Glonn ernannt wurde, war von 1868 bis 1877 hier.
Der Innenrenovierung folgt 1880 ein neues Turmdach, das der Glonner Zimmermeister Johann-B. Beham errichtete. 1896 wurde im Eingangsbereich der Kirche eine Lourdesgrotte eingebaut und 1898 eine Armenseelenkapelle eingerichtet. Der Nordeingang in die Kirche wurde wahrscheinlich bei der Renovierung 1872 geschlossen, denn vor 1962 waren dort Kirchenstühle aufgestellt.
Kirche von innen nach der Restauration von 1872
Ins 20. Jahrhundert
Die Frauenreuther Kirche hat wahrscheinlich schon seit dem Neubau ein Orgel. Die schon damals eingebaute Orgelempore lässt diesen Schluss zu. Sie muss vier Register gehabt haben, denn 1868 ist vermerkt, dass sie gegen die alte Glonner Orgel, es hat sich um die aus dem Jahre 1795 stammende Merz-Orgel gehandelt, ausgetauscht wurde. Der Preis war 5 Gulden. Der Orgelbauer Müller aus Tuntenhausen hat sie für 300 Gulden repariert und umgebaut. Die jetzige Orgel stammt aus dem Jahre 1920 und wurde von Steinmeyer in Öttingen für 6000 Mark gebaut.
Niedermair schreibt noch 1909, dass es eine kleine Glocke ohne Inschrift gebe. Wo sie verblieben ist, ist nicht bekannt. Für eine weitere Glocke stellt Niedermair fest, dass sie ca 300 Kilogramm wiege und dass die Inschrift nicht lesbar sei. Mittlerweile weis man, dass sie aus der Zeit vor 1400 stammt und damit die älteste Glocke der Pfarrgemeinde ist. Sie ist heute noch als „Sterbeglocke“ auf dem Turm. Für 1791 ist festgestellt, dass von Karl Mayr eine 400 Kilo Glocke gegossen wurde. Hinzu kommt die „Große“ mit 530 Kilo. Sie wurde von Ulrich Kortler in München für 1500 Mark gegossen und 1903 von den Reiserthalertöchtern gestiftet. Für 1909 sind also vier Glocken nachgewiesen. Die von 1791 und die von 1903 mussten 1917 zu Kriegszwecken gegen Kriegsanleihen abgeliefert werden. 1922 wurde mit einer 560 kg- und einer 240 kg-Glocke von der Glockengießerei Oberascher in Reichenhall der Dreiklang wieder hergestellt. Nicht lange: 1942 wurden diese zu Kriegszwecken vom Turm geholt. 1949 wurde das Geläut wieder mit zwei Glocken ergänzt. Die von vor 1400 ist heute die Kleinste.
Seit 1871 trägt der Turm eine Uhr. 1904 und 1978 wurde sie ersetzt. Seither sind Uhr und Läutwerk mit elektrischem Antrieb.
Die Bevölkerung des Kirchensprengels erhöhte sich von 1820 auf 1884 um gut ein Drittel auf 195. Die neuen Bewirtschaftungsmethoden – so wurde die Brache jetzt mit Blattfrüchten (z.B. Klee) bebaut- aber auch die Bauernbefreiung von 1848 – ab jetzt bestand für die Bauern echtes Eigentum- steigerten nicht nur die Erträge, sondern auch die Nahrungs- und Einkommensgrundlage. Die Bevölkerung wuchs, natürlich auch die Zahl der Kirchenbesucher. Der sonntägliche Kirchgang war mehr oder weniger Pflicht. Nachdem aber in Frauenreuth an Sonntagen in der Regel nur ein Gottesdienst angeboten wurde, wären die Anwesen unbewacht gewesen. Und so musste ein so genannter „Kirchenwachter“, der zum Zeichen seines Amtes, aber auch als Waffe, mit einem Stab, der eine metallene Spitze hatte, ausgestattet war, während des Gottesdienstes den Ort bewachen. Der „Diensthabende“ musste nach der Kirche den Stab bei dem abliefern, der als nächster dran war. Hier gab es eine feste Reihenfolge. Die Statistik sagt aus, dass sich die Einwohnerzahl bis 1905 auf 206 erhöht hat. Diese Zahl hielt sich, mit Ausnahme der Zeit des Ersten Weltkrieges, mindestens bis 1925.
Für 1928 ist „eine teilweise Innenrestauration“ vermerkt. Ihr heutiges Innenaussehen verdankt die Kirche der letzten großen Renovierung von 1962. Eingeleitet wurde diese schon zur Zeit von GR Pfarrer Boxhorn, also vor 1956. Damals ließ Professor Lebsche das Stephanusgemälde restaurieren. Wann es, zusammen mit dem Bild der heiligen Familie, an die Wand montiert und die Seitenaltäre von 1872 abgebaut wurden, ist nicht mehr genau bekannt. Jedenfalls vor der Restaurierung von 1962. Lebsche war nicht nur ein großer Verehrer der Muttergottes von Frauenreuth, sondern auch ein großer Gönner. Sonntag für Sonntag war er in der Frauenreuther Kirche zu sehen.
Wie Helmuth Knorr, Kirchenmaler, damals in Glonn ansässig in dessen Händen die Renovierung lag, heute bestätigt, waren die treibenden Kräfte für die Renovierung 1962 Kaplan Elmar Gruber und die damaligen Kirchenpfleger Karl Öttl aus Mattenhofen und Sebastian Esterl, der Reiserthaler. Vorlage für die Auswechslung des Altars von 1872 war ein Votivbild von 1743. Hier war die Ursprungsfassung von 1707 zu sehen. Der Altaraufbau, der sich damals auf dem jetzigen und früheren Altartisch befand, war auf dem Speicher der Kirche deponiert. Unter Anleitung des Restaurators und der Fachbehörden wurden die Einzelteile vom Schreiner von Mattenhofen, Hans Weber, ergänzt und zusammengebaut. Ebenso fertige er den Unterbau der jetzt nötig war, nachdem der Altar an die Wand gestellt wurde, so dass sich nun der Altartisch als „Volksaltar“ verwenden ließ. Hier hatte sich Kaplan Elmar Gruber durchgesetzt. Für damals, noch vor dem Zweiten Vatikanum, eine sehr fortschrittliche Idee. Der Tabernakel des alten Altares befindet sich heute noch in der oberen Sakristei.
Votivbild um 1743. Es war die Vorlage für die Wiederverwendung des alten Altares.
Die sich über dem Altarraum und über dem Kirchenschiff befindlichen Deckengemälde waren teilweise zerfetzt, ebenfalls auf dem Speicher. Sie wurden mit neuem Leinen unterlegt, auf Spannplatten geklebt, restauriert und sind heute wieder an ihrer ursprünglichen Stelle zu sehen. Die sich früher im Langhaus befindlichen Apostelfiguren wurden jetzt im Altarraum untergebracht. Der Kreuzweg von 1872, größer als der jetzige, der teilweise auch die Fensteröffnungen beanspruchte, war für das neue Konzept zu groß. Heute sehen wir in der Frauenreuther Kirche den barocken Kreuzweg der alten Glonner Kirche (vor 1768), der auf dem Speicher der Haslacher Kirche auf seine Wiederverwendung wartete.
Der jetzt an der Rückwand der Kirche stehende Beichtstuhl befand sich mit noch weiteren ehemals im Altarraum. Dies muss auch vor 1872 so gewesen sein, denn auf seinem jetzigen Platz war ein vergittertes Fenster in der Wand, das es den Gläubigen ermöglichte die Gottesmutter auch dann zu sehen, wenn die Kirche verschlossen war. Die Vermauerung ist von außen noch erkennbar. Bei der Restaurierung wurden auch das Oratorium und die Kanzel entfernt. Beides war Teil der Ursprungsausstattung, und von der oberen Sakristei aus zugänglich. Das große barocke Kreuz mit der Nazarener-Madonna war vorher auf der gegenüberliegenden Seite angebracht. Die ehemals nur weißen Flächen mit dem Miesbacher Stuck, wechseln sich jetzt, nach einem Vorschlag von Professor Blatner, mit zarten Blautönen ab und vermitteln so eine helle, freundliche Atmosphäre.
War es im 19. Jahrhundert noch angebracht, eine Kirche mit möglichst vielen Gegenständen und reichen Zierrat zu versehen, so wollte man sich jetzt nur mehr auf das Wesentliche beschränken. Dies ist in der Frauenreuther Kirche in hervorragender Weise gelungen. Diese Kirche wurde damit sogar Vorbild, jedenfalls für die anderen Glonner Filialen, wie Haslach, Kreuz und Schlacht.
Besonders Geistlicher Rat Pfarrer Schneider hat sich um den Erhalt der Frauenreuther Kirche große Verdienste erworben. In seiner Glonner Zeit von 1971 – 2002 wurden insgesamt fast 800.000 DM investiert. Hinzu kommen die Eigenleistungen der Einwohner des Kirchensprengels. Im einzelnen sind dies: 1975 Erneuerung der Sakristei 11.500 DM, 1978 Außenrenovierung der Kirche 154.334 DM, 1983 Trockenlegung 25.000, 1988 neuer Glockenstuhl 10.000, 1992 Erneuerung der Friedhofmauer, 1992 Renovierung des Dachstuhles und die Stabilisierung des Tonnengewölbes 150.000, 1993 Innenrenovierung der Kirche durch Restaurator Wiegeling 180.000, und 1997 Erneuerung der Fassade des Kirchturms.
Ein guter Teil dieser Maßnahmen sind für den künftigen baulichen Bestand der Kirche äußerst wichtig. Zum Beispiel die Trockenlegung der Außenmauern, die mit sehr viel Eigenleistung geschaffen wurde. Aber auch das Gewölbe, das durch die Auswirkungen des Erdbebens von Friaul vom 6.5.1976 ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen war, wurde durch den Münchner Dombaumeister Braunekämper durch eine Stahl- und Betonkonstruktion, die die Außenmauern zusammen halten, gesichert. Überdies drückte der alte Dachstuhl ebenfalls auf die Außenmauern. Eine neue Dachstuhlkonstruktion verhindert dies künftig. Die Außenmauern hatten sich bereits 7 cm nach außen verlagert.
Die Kirche von Frauenreuth heute
Die Zahl der Einwohner des Kirchensprengels liegt derzeit bei 175, also etwa ein Achtel weniger als 1925. Die Zahl der Kirchenbesucher hat sich allerdings wesentlich deutlicher verringert. Dies mag auch daran liegen, dass die nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzende Motorisierung den Gottesdienstbesuch in der Glonner Pfarrkirche, oder anderswo, erleichtert. Hauptgrund aber ist, dass die Zahl der praktizierenden Katholiken abgenommen hat und dass die Verbliebenen nicht mehr mit der großen Regelmäßigkeit von früher die Gottesdienste besuchen. Zur Zeit ist in Frauenreuth, abwechselnd mit Münster, noch jeden zweiten Sonntag Gottesdienst. Waren es früher in der Regel die Glonner Kapläne, später dann der unvergessene „Professor“ Ludwig Denk, die in Frauenreuth den Gottesdienst hielten, so ist es heute in der Regel der Glonner Marienheimgeistliche, zur Zeit Pfarrer Schönhuber. Sein Vorgänger war Pfarrer Germaier.
Wie viele und welche Wallfahrtszüge vor 1803 Frauenreuth zum Ziel hatten, ist nicht mehr bekannt. Es ist anzunehmen, dass es wesentlich mehr waren als nach der Säkularisation. Damals wurde verfügt, dass Wallfahrten und Prozessionen einzuschränken sind. Für die spätere Zeit ist festgestellt, dass die Glonner an Maria Verkündigung (25.3.) nach Frauenreuth „mit dem Kreuz“ gingen, dann auch am Freitag in der Kreuzwoche (Tag nach Christi- Himmelfahrt). An diesem Tag traf man sich mit den Ayingern. Heute finden nur noch an den „Bitttagen“, den Tagen vor Christi-Himmelfahrt, Wallfahrten nach Frauenreuth statt: Am Montag die Glonner, am Dienstag die aus Unterlaus und am Mittwoch kommen die Antholinger. Dass Wallfahrten, wenn auch ohne Bittgang, auch in heutiger Zeit neu entstehen können, beweist die Glonner Feuerwehr. Seit dem Unfall von 1976 kommen sie jährlich zu einer Maiandacht in die Wallfahrtskirche um Dank zu sagen. Die Glonner Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) hat sich diesem Brauch angeschlossen, ebenso der Männerchor Glonn, der diese Maiandacht seit Beginn musikalisch mitgestaltet.
Nur am Fronleichnamssonntag, an dem traditionsgemäß nach dem Gottesdienst die Prozession durch die Frauenreuther Fluren zieht, und am „Frautag“, dem 15. August, ist noch die Tradition des alten Wallfahrtsortes zu verspüren. Nach dem feierlichen Hochamt, das regelmäßig auch mit einer Orchestermesse gestaltet wurde, traf man sich dann wie ehedem beim Wirt. Das konnte sich schon bis in die Nachmittagstunden hinziehen, erst recht wenn eine Musi aufspielte.
Die Musi spielt beim “Frautag” 1984
In diesem Jahr kann Frauenreuth den 300. Jahrestag der Kirchweih feiern. Dies ist nicht nur ein Anlass zurückzuschauen, sondern auch zu danken. In erster Linie natürlich denen, die der Muttergottes von Frauenreuth ihre Sorgen und Nöten anvertraut und Hilfe, Trost und Zuversicht erhalten haben. Sie sind der geistige Hintergrund für diesen Wallfahrtsort. Dank sei auch den vielen Pfarrern und Kaplänen gesagt, die mit Leib und Seele hinter dieser Kirche und der Wallfahrt standen und stehen. Dann den vielen Menschen, insbesondere denen des Kirchensprengels: Sie haben nicht nur mit „Hand- und Spanndiensten“, sondern auch mit großen finanziellen und persönlichen Opfern zum Bestand dieser Kirche beigetragen. Dank auch den vielen Mesnern, Organisten, Kircherpröbsten und Kirchenpflegern, die immer diese Kirche als „ihre“ Kirche gesehen haben.
Wie und wie lange wird es weitergehen? Wir wissen es nicht. Und gerade deswegen sollte uns dieses Urvertrauen, wie es unsere Ahnen zur Gottesmutter nach Frauenreuth gehabt haben, begleiten.
Mutter Gottes von Frauenreuth bitt für uns!
Erinnerungskarte von 1872, in der Mitte das Frauenreuther Gnadenbild, oben Schloß Zinneberg, links die Kirchen von Georgenberg, Adling, und Jakobsbeuern, rechts Schloß Mattenhofen, die Kirche von Haslach und eine Dorfszene aus Frauenreuth. Unten das Dorf Glonn.
Das Frauenreuther Gnadenbild
©Hans Obermair, 85625 Glonn
2007
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