Archiv der Kategorie: Gebäude

Die Feuerwehrhäuser der Gemeinde Glonn

Der Brandschutz in den Gemeinden war seit dem Gemeindeedikt von 1808 eine Pflichtaufgabe der Gemeinden, die, so auch in Glonn, Pflichtfeuerwehren gründeten, in denen alle arbeitsfähigen Männer zum Dienst verpflichtet wurden. Auch für die Anschaffung und Bereitstellung von Feuerlöschgeräten war die Gemeinde zuständig.

Archiv Glonn/Sign. 0-913-1

1846 stellte die Gemeinde Glonn auf Geheiß des Bezirksamtes Feuerreiter auf. Diese mussten im Brandfalle zur nächsten Gemeinde reiten, um den Brand bekannt zu geben. In jeder Gemeinde übernahm ein anderer Feuerreiter die Nachricht und überbrachte sie so in einer Art Staffelritt dem königlichen Landgericht in Ebersberg, von wo jemand zum Brandorte „eilte“,  um die Löscharbeiten zu überwachen.

Als Verantwortliche für die Geräte wurden Gemeindebürger bestimmt, die sofort nach Bekanntwerden des Brandes mit der Handspritze und den Feuerrequisiten, das waren Ledereimer, Leitern und Haken, zum Brandort eilen sollten.  Bei Bränden außerhalb der Gemeinde sollte der Gemeindevorsteher die Hilfsmannschaft versammeln und sich mit ihnen unverzüglich an den Brandort begeben, das galt für eine Entfernung von bis zu 3 Stunden Weg.

Die Gemeinde besaß seit etwa 1856 eine Handspritze, es gab Lederkübel zum Wassertransport und Leitern. Wo die Spritze anfangs untergestellt war, ist unklar, aber 1867 diskutierte man über den Bau einer Remise in der Nähe des alten Schulhauses. 1867 oder 1870 wurde dann auch von der Firma Kirchmaier in München eine zweite Spritze gekauft.

Archiv Glonn Sign: 0-917-1

Es ist anzunehmen, dass die meisten Brände bei Ankunft der Feuerwehr zumindest oft schon die Holzbauten vernichtet hatten, aber das Übergreifen auf andere Gebäude und das Wiederaufflackern von Bränden konnte damit sicher verhindert werden. Ob die landgerichtliche Commission wirklich jedes Mal von Ebersberg zum Brandort „eilte“, um die Löscharbeiten zu beaufsichtigen sei dahingestellt.

1872 gründete sich auch in Glonn eine Freiwillige Feuerwehr mit 51 Gründungsmitgliedern.

Weiterlesen: Hier finden Sie alles zur 150 jährigen Geschichte der Glonner Freiwilligen Feuerwehr von ©Hans Obermair 

Das alte “Feuerhaus”

1900 baute die Gemeinde Glonn das erste Feuerwehrhaus, das mit nur wenigen baulichen Veränderungen bis 1980 am ursprünglichen Platz in Betrieb war.

Archiv Glonn Sign: 0-916-2

Der Gemeinderatsbeschluss zum Ankauf des Grundstücks wurde am 13.7.1899 gefasst. Das Grundstück kostete 600 RM, der Preis war 150 RM für 1 Dezimale (0,01 Tagwerk) Ein Tagwerk entsprach etwa 3400 qm, 34 qm – 1 Dezimale kosteten 150 RM, der qm Preis waren etwa 4,50: Die Gemeinde erwarb also 133 qm zum Preis von 600 RM.

Für die Feuerwehr wurden nur die Garagenräume genutzt, die 1. Etage war Wohnung des Gemeindedieners und diente auch bis zum Bau des Rathauses 1930 als Sitzungsraum für den Gemeinderat.

1960 mussten die ursprünglich nur 1,90 breiten Tore vergrößert werden, damit das 1964 neu angeschaffte Löschfahrzeuges Magirus TLF 16  hineinpasste.

©Archiv Glonn

©Archiv Glonn Fotochronik 1977

In den 50er Jahren wurde in die Räume des Feuerwehrgerätehauses auch die öffentliche Waschküche eingebaut.

Das Feuerwehrhaus am Klosterweg

1980 begann die Gemeinde mit dem Bau des neuen Feuerwehrhauses vor dem Mädchenschulhaus. Die Bedürfnisse einer modernen Feuerwehr waren mit den alten Räumlichkeiten nicht mehr in Einklang zu bringen und auch der Standort war in ungünstigster Lage. Die Einweihung des neuen Feuerwehrhauses, das nun auch einen Schulungsraum und einen Schlauchwaschraum hatte, fand nach 2 jähriger Bauzeit 1982 statt. Die kosten für den Bau lagen bei 1,7 Millionen DM

©Archiv Glonn/Kulturverein

©Archiv Glonn Fotochronik 1982

Einige Jahre später wurde das Feuerwehrhaus aufgestockt, um den Schützen zu einem Heim zu verhelfen.

Das neue Multifunktionsgebäude für die Feuerwehr

Nach mehr als 40 Jahren am Standort Klosterweg, fand am 17.5.2024 der erste Spatenstich für den Neubau des Feuerwehrhauses an der Kastenseeoner Straße statt.

Erster Spatenstich zum Bau des neuen Feuerwehrhauses an der Kastenseestraße am 17.5.2024

Unter “Bestände/Verwaltungsakten” finden Sie viele der hier erwähnten und zugrundeliegenen Akten aus der Gemeindeverwaltung. Feuerwehr und Brandschutz finden Sie unter EAPL 0-9

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“Der Neuwirt”

Artikel von Hans Obermair/ veröffentlicht am 22.2. in der Ebersberger Zeitung/Lokalteil
ergänzt mit Bildern aus dem Archiv Markt Glonn

Abschied von einem Stück Ge­schichte

Glonner „Neuwirt“ wird gerade abgerissen – Ein Haus, das viel erlebt und viel zu erzählen hat.

Häuser stehen nicht nur auf einem Grundstück oder einer Flur­nummer, sondern auch auf dem Boden ihrer Geschichte. Wenn ein Haus abgerissen und neu gebaut wird, wird die Geschichte übernommen.

Eigentlich hat die Geschichte des Glonner „Neuwirt” im Mühltal begonnen. Die heute „Christlmühle“ genannte Mühle stand nämlich früher im Mühl­tal. Wegen eines Streits wurde diese Mühle um 1560 an die jetzige Stelle verlegt. Wohl der Obereigentümer, das Kloster Ebersberg, ließ die Glonn entsprechend verlegen. Irgendwann vor 1671 wurde der Mühle das „Kuchlmayranwesen“, auch im Obereigentum des Klosters, zugeordnet, wohl als Sitz der Mühlen-Landwirtschaft, zugeschlagen. Auf diesem Grund­stück stand das Anwesen, in dem 1862 der „Neuwirt“ eröffnet wurde, in dem die Kollerbuben Karl, Josef und Wolfgang geboren wurden, und das seit 1971 Parkplatz war.

Das alte Zuhaus

Die „Untereigentümer“ der Christlmühle nannte man anfangs einfach „Christlmiller”. Ab etwa 1700 wurde der Familienname genannt: Wild, Dötsch und ab 1777 Schlickenrieder. Anton Schlickenrieder war es dann, der über die „Bauernbefreiung“ volles Eigentum erhielt. Sohn Sebastian wollte die Erfolgsgeschichte der Familie fortsetzen und eröffnete 1862 in Haus Nummer 37, dem landwirtschaftlichen Anwesen der Mühle, die zwei­te Glonner Gaststätte, den „Neuwirt“. Ein rund fünfjähriger Streit ging mit den Behörden und dem „Platzhirsch”, dem Glonner „Postwirt“ Wagner, voraus. Damals war bei einer Gewerbeeröffnung auch die „Bedürfnisfrage“ zu klären. Wagner, der ja hohe öffentliche Ämter inne hatte, konnte durch seinen Einfluss und seine Argumente einen Bedarf jahrelang vereiteln. Es muss aber doch, wohl wegen der Praktiken des Wagner und auch wegen der fünf Glonner Brannweinschänken, einen „echten“ Bedarf gegeben ha­ben, sonst hätte der Kandidat für den Gemeindevorsteher (Bürgermeister) Bonifaz Gruber nicht als Wahlversprechen ausgegeben, wenn er die Wahl gewinne, werde es in Glonn einen zweiten Wirt geben.

Dass es im Grunde damit auch dem „übermächtigen“ Wagner „gezeigt“ werden sollte, beweist, dass das etwa 1864 fertig gestellte neue Gebäude des „Neuwirt“ für damalige Verhältnisse für die bauliche Umgebung zu wuchtig und für den Bedarf völlig überdimensioniert war. Das Gebäude war nach der Kirche das zweithöchste und größte in Glonn; um ein Stock­werk höher als die „Post“, wenn es auch von Gesamtgrundfläche kleiner war. Aber von weitem sichtbar, natürlich auch von der „Post“aus.

Dass der Repräsentationswunsch des Schlickenrieder bei weitem den ech­ten Bedarf übertraf, steht fest. Fazit: Auch die Schlickenrieder wollten es dem Wagner „zeigen“, zumal Glonn, wenn auch Pfarr- und Gemeindemit­telpunkt, ein mehr oder weniger bedeutender Ort war. Hätte es nicht die vier Jahrmärkte gegeben, hätte Glonn überregional keine Rolle gespielt Die Bahn gab es erst 30 Jahre später. Kaufmännische gesehen war dieser „Prunkbau“ also eine Fehlkalkulation. Das beweist auch, dass 1876 wohl der Hauptbetrieb die Christlmühle mit Mühle, Säge und Branntweinbren­nerei, verkauft werden musste. Käufer war der Adlinger Johann-Baptist Beham, der von 1881 bis 1887 Glonns Bürgermeister war. Er war auch Bau­meister und Planfertiger. Viele Glonner Gebäude stammen aus seiner Hand.

Sebastian Schlickenrieder konnte also nur mehr seinen „Neuwirt“ mit dem alten Anwesen nebenan 1885 an Sohn Josef übergeben. Im gleichen Jahr heiratet dieser Theres Schuster, eine Bäckerstochter aus Großhelfendorf. Sicher mit einiger „Mitgift“, aber die wird nicht ausgereicht haben, sonst hätte er nicht 1890 an das Ehepaar Josef und Magdalena Mayer verkauft. Für Magdalena war Josef der dritte Mann, zwei waren schon jung verstor­ben. Beide waren auf dem „Metzgeranwesen“ und betrieben dort die Jahr­hunderte alte Metzgerei. Das „Metzgeranwesen“ behielt man. Mitgenom­men wurde nur die Metzgerei, die man erst einbauen musste. Aber auch die fünf Kinder des Paares und zwei aus zweiter Ehe bekamen mit dem Kauf ein neues Zuhause. Weitere drei Kinder sind im „Neuwirt geboren.

Vor dem Neuwirt: 2.v.r.: Josef Mayer; 2.v.l.: Magdalena Mayer ca. 1905

Die Glonner Dichterin Lena Christ, als gegenüber dem Neuwirt 1881 gebo­renes „Hansschuasta-Lenei”, hätte über die Schlickenrieders und die May­ers mehr erzählen können. Alles was sie in ihren Romanen und Erzählun­gen über das Wirtshausleben zum Besten gibt, wenn auch manchmal un­ter anderen Namen, hat sie beim Nachbar Neuwirt mitbekommen. Und so hat sie auch, nach vielen Schicksalsschlägen, einige ihrer Landaufenthalte beim „Neuwirt“ verbracht.

Josef Mayer war ein tüchtiger Wirt und Metzger und auch dem Modernen aufgeschlossen. Dafür spricht ein Inserat, dass der Wirt schon 1898, das Jahr in dem Glonn die Elektrizität erhielt, zu einem Gartenkonzert mit elek­trischer Beleuchtung einlud. Sein 1890 geborener Sohn Ludwig schreibt, der Vater habe mit seiner Gitarre die Gäste beim Gesang begleitet. Wo­möglich habe er vom Vater die Musikbegabung. Der „Neuwirt“ war in Glonn bis zuletzt die Herberge der Sänger und Musiker. Diesem Umstand habe er auch zu verdanken, dass er als Sechsjähriger beim „Faßrainer“, dem Musikmeister, das Violinspiel erlernen durfte. Mit 13 kam ein Blasin­strument dazu. Das all war die Basis, dass Ludwig schon mit 18 zur Militär­musik genommen wurde. Musiker war sein Lebensziel. Doch das Schicksal wollte es anders: Der Tod des Vaters 1914 ließ ihn zum „Neuwirt“ werden, denn der ältere Bruder Markus (Max), der gelernte Metzger, wollte daheim nicht übernehmen. Der Max übernahm lieber das Metzgeranwesen. Für Glonn eigentlich ein Glücksfall. Ludwig diente so zeitlebens der Glonner Musi: Blasmusik, Kirchenmusik, Salonorchester, Chöre. Zwischen den Krie­gen und nach dem Zweiten kamen viele gute Musiker zum Neuwirt, schlie­ßlich hatte er auch eine Metzgerei.

“der Neuwirt” Ludwig Mayer (*1890+1977)

Von 1929 bis 1933 war Ludwig Mayer Glonns Bürgermeister. Der Rathaus­bau und das Wappen fallen in seine Zeit. Wegen der Naziherrschaft muss­te er „gehen“. Kein Wunder, dass er das Risiko auf sich nahm, in den Drei­ßigerjahren den Juden Baum mit Familie zu beherbergen. Dass sein Haus von Glonner Nazis mit „Judenwirt“ betitelt wurde, dürfte ihn nicht beson­ders berührt haben. Schließlich waren Onkel und Bruder seiner Frau Ma­ria, geb. Winhart, mit der er 1921 die Ehe einging, Priester. Dazu passt auch, dass ihn die einmarschierten „Amis“ 1945 wieder als Bürgermeister haben wollte. Mayer lehnte ab.

Der Neuwirt 1909

Von den vier Kindern, Maria, Ludwig, Martha und Mathilde übernahm Mar­tha Wirtschaft und Metzgerei. Ihr Gatte Xaver Kronthaler war ein guter Metzgermeister und ein guter Wirt. Er hatte es mit diesem in die Jahre ge­kommenen großen Haus nicht leicht. Er und seine Frau hielten nicht nur das Haus gut in Schuss, sondern vergrößerten 1971 um den Lena-Christ- Stüberl-Anbau. Von den drei Kindern Franz, Angelika und Hermine über­nehmen Franz mit seiner Frau Angelika die Metzgerei und Angelika mit Ehemann Robert die Wirtschaft. 2001 wurde die Wirtschaft dann geschlos­sen. Die Metzgerei wurde noch weitergeführt. Die Gasträume mietete die Marktgemeinde Glonn, um hauptsächlich den großen Saal für diverse Ver­anstaltungen anbieten zu können.

Im neuen Anbau das “Lena Christ Stüberl” , 1971

Die neue Zeit mir ihren betriebswirtschaftlich Vorgaben lässt als Möglich­keit eigentlich nur mehr den Abriss und den Neubau dieses großen Hau­ses sinnvoll erscheinen. Diese Zäsur lenkt natürlich den Blick zurück an dieses Haus und die dienstbaren Geister, die dieses Haus nicht nur am Le­ben hielten, sondern auch belebten, als Mittelpunkt der Glonner Kultur und Gastlichkeit. Wer denkt da nicht gerne zurück an die „Sali” (Salome) die ihr ganzes Leben zum „Dienen“ auf dem Haus blieb, die, manchmal eingeschlafen den letzten Gast abwartete, bis es dem „recht“ war.

Die Neuwirtstür – auch im neuen Gebäude wird sie zu finden sein.

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Bildergalerie Marktplatz 1 – Rathaus

   
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Blick auf Surauerhof von Westen um 1925 Postkarte
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Surauerhof um 1928 kurz vor Abriss für den Rathausbau
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Einweihung Rathaus 1931 Postkarte
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Rathaus 1940 ©Kulturverein
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Rathaus vor 1938 © Kulturverein
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Rathaus um 1960 mit Hubertus Apotheke ©F.Hintermaier
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Rathaus Umbau 1978 ©Archiv Glonn
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Rathaus Umbau 1978 © Kulturverein
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Rathaus nach Umbau 1978 ©Archiv Glonn
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Rathaus 2007 ©Kulturverein

 

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Rathaus

Am 27.9.1931 wurde das Rathaus der Marktgemeinde Glonn vom damaligen Bürgermeister Ludwig Mayer feierlich eingeweiht.

27.9.1931 Foto: Sammlung Kulturverein/Archiv

Der Oberbayer schrieb dazu begeistert: „Ein Ehren- und Freudentag, an dem selbst der Himmel teilzunehmen schien, war der gestrige Sonntag für die Gemeinde Glonn. Glitzernde Sonnenstrahlen sandten nach wochenlanger, trostlosester Witterung ihre ersten Morgengrüße hernieder, als freuten sie sich mit uns an dem Werke, dessen Weihe und Eröffnung heute stattfinden sollte.“

Nach dem festlichen Gottesdienst und der Weihe versammelte sich die Bevölkerung vor dem Rathaus und lauschte dem Bürgermeister, dem Sängerchor der Turnerriege und den Festrednern, darunter auch Professor Lebsche. Danach erfolgte die Besichtigung der Räume, die laut Oberbayer  „einen allgemein überraschend guten Eindruck boten und von größter Peinlichkeit bei allen Arbeiten zeugten“. Besonders erwähnt wurden die „vornehmen Beleuchtungskörper im Sitzungssaal und Bürgermeisterzimmer, welcher letzterer ein Geschenk des Klosters vom Guten Hirten ist“, sowie die „zweckmäßige“ Raumaufteilung.

Schon seit dem 17. Jahrhundert stand an der Stelle des heutigen Rathauses ein Hof, wahrscheinlich als Zehenthof für die Abgaben an die Grundherrschaft genutzt. Im Jahre 1671 gelangte der Zehenthof oder auch Zehetmairhof (nach den Besitzern) durch Heirat in den Besitz von Adam Hölzl der bereits seit 1657 als Wirt von Glonn bezeichnet wird. Im Anwesen waren wahrscheinlich Bedienstete des Wirts untergebracht, ebenso waren dort wohl Lagerräume und Stallungen. Im Jahr 1793 gelangen der „Wirt“ und der dazugehörende Zehenthof wiederum durch Einheirat in den Besitz des Sigmund Wagner und bleiben von da an bis 1908 im Besitz der Familie Wagner.

Auf einer Postkarte, die um die Jahrhundertwende aufgenommen sein dürfte, sieht man im Hintergrund das schon damals so genannten Surauerhaus, links den Gastgarten der „Post“ mit den stattlichen Kastanien, rechts die „Post“.

Blick von Westen auf das Surauerhaus am Marktplatz, rechts Gasthof Post, links Post-Gastgarten, um 1900 Foto: Sammlung Kulturverein

Im Jahr 1868 erhielt Alois Surauer aus Wasserburg in Glonn eine Conzession als Lebzelter, Kerzenzieher und Hutmacher und eröffnet als Mieter des Posthalters und Wirtes Wagner im Zehenthof ein Ladengeschäft. Außerdem ist Alois Surauer noch Postbote in Glonn. Als er 1891 stirbt, übernimmt seine Tochter Katharina das Geschäft als Lebzelterei und Huthandel. Die Witwe des Alois Surauer stirbt 1921, ihre Tochter Katharina im Jahr 1928 als ledige „Conditoreiinhaberin von Glonn“.

Das Geschäft der Familie Surauer ist in Glonn so präsent, dass das Haus seitdem den Namen Surauerhaus trägt.

Surauerhaus etwa 1928 © F.Hintermaier

Die Tochter des damaligen Stationskommandanten Michael Leib, Clara Leib *1877, erinnert sich anlässlich der 1200 Jahr Feier im Jahr 1974 an ihre Kindheit in Glonn:“…Auf der anderen Seite des Marktplatzes stand an der Friedhofsmauer angelehnt das Surauerhaus, dessen Auslagfenster für uns Kinder sehr wichtig waren, denn da gab es wohlschmeckende Lebkuchen, auch Gesundheitskuchen für Kindbetterinnen, Minzenkugeln, daneben glänzten in prächtigen Farben Kommunionskerzen und Wachsstöckl…“

1908 verkauft Wagner die Anwesen 20 (Wirt) und 23 (Surauerhaus) an Baron Büsing und zieht mit der Familie in die 1887 erbaute Posthalter Villa gegenüber. Büsing verkauft ab 1920 Teile seines Besitzes und über die Bayerische Siedlungsgesellschaft gelangt das Surauerhaus 1920 in den Besitz der Marktgemeinde Glonn, die es weiterhin an J.Steininger für 800 Mark verpachtet. Bereits 1921 gibt es Planungen, in das Surauerhaus Wohnungen zu einzubauen, Baumeister Landthaler zeichnet die Pläne,

9-122-1 Plan Surauerhaus Wohnungen 1921 kw

die auch genehmigt wurden, aber, wahrscheinlich als Folge von Inflation und Geldentwertung, nicht zur Ausführung kamen. In den folgenden Jahren verfällt das Haus zunehmend, die Stallungen werden als Lagerräume und als Garage für die ersten Autos, aber auch den Leichenwagen genutzt, aber es wohnen dort auch noch der Kaminkehrermeister, der Gemeindediener und die Katharina Surauer, die dort ein Wohnrecht auf Lebenszeit hat. Kurzzeitig gab es auch Verhandlungen mit der Oberpostdirektion, auf dem Gelände ein neues Postgebäude zu erbauen.

In den folgenden Jahren nehmen die Pläne der Gemeinde, ein Rathaus zu erbauen, immer mehr Gestalt an. Noch finden die Sitzungen des Gemeinderates in zwei Räumen mit ca.13qm im 1.Stock des Feuerwehrgerätehaus statt, innerhalb der Sekretärswohnung dort. Auch alle Akten, Protokollbücher und Personenstandsbücher wurden dort verwahrt. Bürgermeister Mayer schreibt im Januar 1931 im Gesuch um die Genehmigung zur Darlehensaufnahme an das Bezirksamt: „… Bei Parteiverkehr treten des öfteren unliebsame Störungen auf, denen nicht abgeholfen werden kann, solange die Büroräume nicht von der Wohnung getrennt werden. Bei Gemeinderatssitzungen können Zuhörer überhaupt nicht zugelassen werden, da nicht einmal für die Gemeinderäte genügend Platz vorhanden ist…“ Nun fand man, dass es an der Zeit war, für die Verwaltung der Gemeinde endlich eigene Räume zu schaffen. Ein Sitzungssaal, ein eigener Raum für den Bürgermeister, sowie ein Kanzleiraum für die Verwaltungsarbeit und eine Registratur für die Akten wurden geplant, dazu ein Warteraum für die Bürger und Toiletten.

Auch wollte man mit einem Neubau Wohnraum schaffen, um der herrschenden Wohnungsnot ein bisschen abzuhelfen. Vier Wohnungen sollten entstehen, dazu Platz für eine Apotheke, deren bisherige Räume auch nicht mehr den Vorschriften entsprachen. Zwei der Wohnungen waren für den Sekretär und den Apotheker gedacht.

Die Gemeinde rief dazu auf, Vorschläge für den Neubau eines Rathauses einzureichen; der von Baumeister Josef Braun eingereichte Vorschlag „Im schönen Glonntal“ wurde von der Gemeinde favorisiert.

Der Verein für Volkskunst und Volkskunde „hieß diesen Plan nicht gut“ wie Bürgermeister Mayer in seiner Ansprache sagt, und so musste die Planung noch einige Male überarbeitet werden.

Dies besorgen dann der Architekt Fleissner und das Baubüro Sommersberger. Hilfe bekommt die Gemeinde auch von Regierungsrat von Miller, einem Sohn des Erbauers des Deutschen Museums Oskar von Miller, der der Gemeinde auch zu einem günstigen Darlehen verhilft. Die Bauleitung wird dem Architekten Franz Sommersberger aus München übertragen.

Es folgen einige Bauplanänderungen mit Varianten, zum Beispiel die Ost-West Ausrichtung des ganzen Baus oder die Ausstattung mit Kuppeln und Erkern.

Am 12.1.1931 wird der Bauplan endlich behördlicherseits genehmigt, mit größeren Kanzleiräumen als vorgesehen.

Am 26.3.1931 wird auf Beschluss des Gemeinderates ein Bauausschuss zur „Erbauung eines Rathauses am Marktplatz in Glonn“ gegründet, dem folgende Mitglieder angehören:

1.Bürgermeister Mayer, Isidor Raig, Peter Wimmer, Josef Wagner und Georg Mittermüller. Der Ausschuss führt ein Protokollbuch, das die Planung und den Bau detailliert nachzeichnet, so auch die vielen Änderungswünsche, bzw. Änderungsanordnungen der verschiedenen Behörden und Amtsträger.

Die Ausschreibung der Handwerkerleistungen beginnt sofort und endet bereits Anfang Februar, einen Monat später ist der Bau bereits begonnen und . die Fertigstellung bereits auf Ende September terminiert, damit die Apotheke zum 1.10. einziehen kann. Auch die Eröffnung wird bereits auf den 27.9.1931 festgelegt! In nur 6 Monaten Bauzeit entstehen am Marktplatz nun 361 qm für Wohnungen, 52 qm für die Apotheke und 147 qm für das Rathaus.

Die geplante Bausumme von 84000 Mark wird kaum überschritten, die Gemeinde hat 45000 Mark an eigenen Mitteln und nimmt 40000 Mark Darlehen auf, unter anderem 10000 Mark vom Apotheker Zehelein, der mit seiner Apotheke ins Rathaus ziehen wird. Im Jahr 1960 ist zumindest das Darlehen an den Apotheker abbezahlt.

Die Apotheke nimmt einen großen Teil des Gebäudes ein und erstreckt sich von Keller bis Speicher als ein eigenes Haus im Gebäude mit Lager, Laboratorien, Verkaufsraum und Wohnung.

Postkarte um 1940, Archiv Markt Glonn

Postkarte um 1940

Die ersten Mieter im Rathaus zahlen pro Jahr etwa zwischen 50 und 60 Mark Miete monatlich, der Apotheker für Wohnung und Laden 120,-

Neben der Apotheke befindet sich ab 1945 bis 1964 viele Jahre die örtliche Hebamme im Rathaus, zeitweise auch eine Arztpraxis bzw. eine Zahnarztpraxis, alle praktizieren innerhalb ihrer privaten Wohnung.

Das Rathaus wird für den Umbau völlig entkernt Foto: Archiv Markt Glonn

Nach dem Umbau für die VG, 1978                Foto: Archiv Markt Glonn       

Bis 1977 verändern sich die Räume des Rathausneubaus kaum, Mieter wechseln und Wohnungen werden umgestaltet, aber erst mit der Entstehung der Verwaltungsgemeinschaft Glonn muss das Rathaus umgebaut werden, um mehr Platz zu schaffen und dient seitdem nur noch der Verwaltung.

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